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Berlin: Wandertag auf den Spuren des 17. Juni GESCHICHTSTAG IM RIAS

Immer mehr Schulen entdecken den Volksaufstand als spannendes Thema – auch im Ost-Teil

Stalinallee? Volksaufstand? Normerhöhung? Viele Jugendliche blicken zunächst ahnungslos drein, wenn sie mit Themen zum 17. Juni 1953 konfrontiert werden. Kein Wunder – denn erst ab der 10. Klasse ist der Aufstand in der DDR ein verbindlich vorgeschriebenes Unterrichtsthema. Dann aber kommt kein Berliner Geschichtslehrer daran vorbei, und es gibt immer mehr, die das Thema ausführlich behandeln: Der 50. Jahrestag hat offenbar an vielen Schulen eine positive Rückbesinnung auf den Aufstand befördert – in Ost und West.

„Viele ehemalige DDR-Staatskundelehrer gehen sehr ernst mit dem Thema um“, berichtet eine junge Referendarin aus Friedrichshain, die selbst aus der DDR stammt und weiß, wie schwer sich viele „gelernte DDR–Bürger“ mit dem Arbeiteraufstand tun. Sie findet es bedenklich, wie übervorsichtig viele Ost-Lehrer mit den DDR-Themen umgingen: sklavisch bemüht, sich völlig wertfrei an die Fakten zu halten. Diese Zurückhaltung treffe dann oft auf Schüler, die noch den elterlichen „Jargon“ gebrauchten, wenn es um Themen wie Mauerbau und 17. Juni geht.

„Es ist ein Balanceakt, den Schülern die historischen Tatsachen zu vermitteln, zum Beispiel, wenn die Eltern noch den Ausdruck ,antifaschistischer Schutzwall‘ gebrauchen“, beschreibt Sigrun Hegenbarth-Eimer das Dilemma, in dem sie sich als Referendarin an einem Marzahner Gymnasium sieht. Sie hat die Schüler veranlasst, ihre Eltern als Zeitzeugen zu befragen, um auf diesem Wege die familiäre Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte voranzubringen.

Den 17. Juni haben viele Lehrer inzwischen als gute Gelegenheit erkannt, die jüngere deutsche Geschichte spannend zu präsentieren. Ausgerüstet mit großen Stadtplänen, auf denen alle Schauplätze des Aufstandes verzeichnet sind, können sie mit ihren Schulklassen auf Entdeckungstouren gehen. Dutzende Lehrer besuchen Fortbildungen der Senatsbildungsverwaltung, bei denen es explizit um den 17. Juni geht. Und schließlich hat Bildungssenator Klaus Böger (SPD) veranlasst, dass alle Schulen mit einer Fülle von Unterrichtsmaterialien und Karten zum 17. Juni eingedeckt wurden.

„Ob der Schulleiter die Karten für den Unterricht nutzt oder nicht, das kann ich nicht direkt beeinflussen. Aber ich bin guten Mutes, dass alle Lehrer das Thema behandeln“, sagt Böger. Aufgeschreckt von Berichten über eine „DDR-Nostalgie“ unter Lehrern im Ost-Teil hat er eine rege Zusammenarbeit zwischen Schulen und der Bundesbeauftragten sowie dem Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen angeregt. Auch die Gedenkstätte Hohenschönhausen ist daran beteiligt, die schulische Aufarbeitung der DDR-Geschichte voranzutreiben und vermittelt Zeitzeugen, die in den Unterricht gehen.

Böger bemüht sich um ein gewisses Verständnis für die Zurückhaltung, mit der ältere Lehrer DDR-Themen angehen. Schließlich gehe es da auch „um das eigene Tun“. Aber für ihn steht fest, dass „kein Lehrer am 17. Juni vorbeigehen kann, wenn er sich mit der DDR beschäftigt“. Und Böger legt Wert auf die Feststellung, dass die Deutschen auf den Aufstand „stolz sein können“.

So sieht es auch Burkhard Ebel, Leiter der Marienfelder Alfred-Adler-Grundschule. Zwar zählt der 17. Juni in den Grundschulen nicht zum verpflichtenden Lehrprogramm. Aber die Schulen können ihn in Sozialkunde freiwillig behandeln – und „wir tun das natürlich“, sagt Ebel.

Das Deutschlandradio veranstaltet am Pfingstsonntag einen „Geschichtstag 17. Juni“ im historischen Rias-Funkhaus am Hans-Rosenthal-Platz in Schöneberg. In Kooperation mit dem Tagesspiegel lädt der Sender ein, um 10.45 Uhr und 14 Uhr an Führungen teilzunehmen, um 11.30 Uhr ein Podiumsgespräch mit Zeitzeugen zu verfolgen und sich um 15 Uhr eine 90-minütige Multi-Media-Veranstaltung anzusehen. Zentrales Thema ist die Rolle des Rias während des Aufstands. Tsp

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