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Frühling im Winter. Die milden Temperaturen lassen manche Blumen weiterblühen.

© dpa/Patrick Pleul

Warmer Winter in Berlin: Wetter wie im Sommer 2011

Die aktuellen Berliner Temperaturen ähneln denen vom 2. Juli des vergangenen Jahres. Der warme Winter bringt die städtische Natur durcheinander – und tut ihr gut.

Auch in diesem Januar wird es wieder rutschig werden auf den Gehwegen der Stadt. Allerdings nicht großflächig wie in den vergangenen beiden Wintern, sondern nur punktuell: Die Schnecken sind unterwegs, weil das enorm milde Wetter sie aus ihrer Winterruhe geholt hat. Zwölf Grad waren es am Montagmorgen in Dahlem. Zum Vergleich: Der Tagesrekord für einen 2. Januar liege bei 12,8 Grad, berichtet Tobias Schaaf vom Wetterdienst Meteogroup. Jener Wert stamme aus dem Jahr 1921. Noch erstaunlicher wird die Temperatur im Vergleich zum vergangenen Sommer: Genau sechs Monate zuvor, am 2. Juli 2011, lag die Höchsttemperatur bei 12,7 Grad.

Die leichte Abkühlung im Laufe des Montags gibt für den Meteorologen Schaaf die Tendenz mindestens für die restliche Woche vor: Bei fünf bis acht Grad soll es meist grau und vor allem windig werden: Ein Sturmtief über Südskandinavien werde sich ab Dienstagabend auch bei uns mit heftigen Böen bemerkbar machen. Zugleich saugt es weiter milde Luft aus Südwesten an. Für den gesamten Januar riskiert der Meteorologe die ausdrücklich unverbindliche Prognose, dass das Wetter „zu 80 Prozent“ so ähnlich bleibt. Die restlichen 20 Prozent sprächen dafür, dass feuchtkalte Luft aus Norden auch mal etwas Schnee bringe. Am unwahrscheinlichsten sei wochenlanger Frost mit sonnigen Tagen und klaren, lausig kalten Nächten. Wo ist die ganze Kaltluft hin, deren Zusammenballung schon vor Wochen manche Meteorologen elektrisiert hat? Sie ist von Russland nach Süden abgebogen: Eine auf 600 Meter Höhe gelegene Wetterstation im Norden Griechenlands habe am Montagmorgen minus 18 Grad gemessen, sagt Schaaf. Selbst in Athen seien es nur knapp über null gewesen.

Während die Griechen in ihren oft mäßig heizbaren Häusern frieren, können die Berliner auf eine erträgliche Gasrechnung hoffen. Die Gasag erhöht zwar zum Februar die Preise um etwa sieben Prozent, aber die meisten Zähler erfassen den Verbrauch fürs gesamte Kalenderjahr.

Draußen sind bei diesem Wetter nicht nur die Schnecken unterwegs. Barbara Jäckel vom Pflanzenschutzamt weiß von „Würmern und kleinen Käfern in der oberen Bodenschicht“, an denen sich die ebenfalls sehr aktiven Vögel satt fressen können. Das Wetter tue der gesamten Stadtnatur gut: Straßenbäume würden nicht durch den Wechsel aus wärmenden Sonnenstrahlen und eisigen Nächten belastet, die vom trockenen Herbst gestressten Nadelgehölze könnten Feuchtigkeit tanken, und der Rasen bleibe ohne Schnee schön frisch. Und in Parks wie dem Tiergarten müssten die vielen Kaninchen nicht aus Not die Rinde von den Bäumen rupfen, sondern könnten sich an Gras und Stauden gütlich tun, was weniger Schaden mache. Nach Auskunft von Derk Ehlert, dem Wildtierbeauftragten des Senats, richten im Zoo bereits die Graureiher ihre Nester. Am Himmel fliegen Gänse, die der milden Luft ostwärts folgen. Und im Gebüsch sind Waschbären und Eichhörnchen aktiv – wegen wärmebedingter Winterschlafstörung. Den Schädlingen bekommt die Milde unterschiedlich: Während die Puppen der Kastanienmotten im nassen Laub verfaulen, kommen mehr Blattlauseier intakt durch den Winter. Die Marienkäfer werden also auch 2012 nicht hungern müssen.

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