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Berlin: Was bei manchen unter dem Kopftuch vorgeht

Tendenziös, aber ohne Aufregung berichteten die türkischen Zeitungen über eigentlich heikle Themen

GAZETELER RÜCKBLICK

Das Kopftuchurteil beschäftigte die türkischen Tageszeitungen nicht in dem Umfang, wie man es vermuten könnte. Ein Rückblick.

Das Thema kam auf die Titelseiten, wurde meistens jedoch eher zum Aufmacher der Europa-Seiten im Innenteil. Der Kopftuchstreit in der Türkei und das heftige Erdbeben in Japan, bei dem (anders als in der Türkei) kein einziger Mensch starb, waren für die Blattmacher wichtiger.

Einzig die Türkiye machte das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Aufmacher der Titelseite am Donnerstag. Die Zeitung feierte die Entscheidung zunächst als Sieg, weil Lehrerinnen vorerst weiterhin mit Kopftuch unterrichten dürfen, bis die Bundesländer die Frage gesetzlich geregelt haben. Am Freitag hieß es deshalb auf der Europa-Seite der Türkiye: „Die Augen sind auf die Bundesländer gerichtet. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts bereiten einige Bundesländer Gesetze zum Verbot des Kopftuches vor.“

An diesem Tag beleuchtete die zweitgrößte türkische Zeitung in Deutschland fast ganzseitig die verschiedenen Aspekte der Debatte. „Auf der Tagesordnung: das Kopftuch“, titelte das Blatt. Dazu zeigte die Zeitung unzählige Artikel aus deutschen Zeitungen. Sie zitierte zudem Bundestagspräsident Wolfgang Thierse („Ein feiges Urteil“) und Vorsitzende von türkischen Vereinen, die für Kopftücher an den Schulen sind.

Die Tageszeitung Milliyet widmete dem Thema auf den Europa-Seiten ebenfalls viel Platz. Sie zitierte am Sonnabend Bayerns Innenminister Günther Beckstein („Die Justiz hat versagt“) und titelte: „In sechs Bundesländern hat der Turban keine Chance.“ Den Begriff „Turban“ haben kritische türkische Journalisten für die Bindetechnik der besonders streng religiösen Frauen erfunden. Zuerst wird dabei mit einem schwarzen Tuch jedes noch so feine Härchen bedeckt. Darauf kommt dann ein größeres Tuch, womit der Hals und die Schultern abdeckt werden wie bei der Kluft einer Nonne. Normal fromme Türkinnen binden sich bloß ein kleines, buntes Tuch um und knoten es unter dem Kinn zusammen.

Die größte türkische Tageszeitung Hürriyet berichtete über das Thema am Donnerstag einmal groß auf der Titelseite der Europa-Beilage: „Turban hat Gesetzeslücke übersprungen“. Die Zeitung stellte in eher nörgelndem Ton fest, dass es „keine Gesetzesgrundlage für ein Verbot“ gibt. Danach erschienen kleinere Meldungen, wie zum Beispiel die Äußerung von Fereshta Ludin im staatlichen Fernsehen TRT, dass sie erschöpft und glücklich zugleich sei.

Über das Problem der Moschee am Columbiadamm in Neukölln berichteten die Zeitungen ebenfalls eher zurückhaltend. Hier und da hörte der Leser den Chef der Moschee, deren Türme höher als erlaubt gebaut wurden, über die hohe Strafe (100 000 Euro) klagen. Die Nachricht musste der Leser türkischer Zeitungen allerdings beinahe suchen. Genauso auch die Meldung über die Räumung einer Moschee der Islamischen Föderation in Kreuzberg in der vergangenen Woche, für die angeblich kein gültiger Mietvertrag besteht.

Suzan Gülfirat

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