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Berlin: Was Christen Recht ist

In der CDU ist Pflügers Position zur Abschiebung der kurdischen Familie Aydin umstritten

Der CDU-Spitzenkandidat Friedbert Pflüger hält die Abschiebung der Familie Aydin für richtig. „Christus liebt auch den Sünder“, schrieb Pflüger gestern in einem Meinungsbeitrag für den Tagesspiegel. „Aber die politische Ordnung muss den belangen, der die Gesetze übertritt.“ Pflüger argumentiert ähnlich wie Innensenator Ehrhart Körting, der die Abschiebung der Aydins für richtig hält, und er widerspricht Pater Klaus Mertes, der als Mitglied der Härtefall-Kommission von der CDU gefordert hatte, sich stärker an christlichen Werten zu orientieren.

Mertes dürfte damit einigen in der Berliner CDU aus der Seele gesprochen haben. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Monika Grütters zum Beispiel empfinden „Unbehagen“, wenn die Rechtsordnung wichtiger sein soll als die christlichen Werte. Die Rechtsordnung dürfe sich „nicht verselbständigen“, sagt die bekennende Christin, denn „Maßstab unseres Handelns“ seien die christlichen Werte. Doch äußert sie auch „Respekt“ vor Körtings Entscheidung.

Mit Unbehagen sieht auch Lothar de Maizière die Hierarchie von politischer Ordnung und christlichen Werten. „Christus liebt nicht nur den Sünder“, sagt er, „er verzeiht ihm auch“. Und wenn nun auch noch die Familie Aydin auseinander gerissen werden solle, passe das nicht gerade zum Familienbild der CDU. Die Frage, wie er als Innensenator entschieden hätte, beantwortet de Maizière aber nur indirekt: Das Abendland sei so geworden wie es ist „durch die Möglichkeit der Vergebung.“

Andere in der CDU argumentieren mit – nicht allein christlichen – Werten auf Pflügers und Körtings Linie. Der Spandauer CDU-Abgeordnete Peter Trapp zum Beispiel sieht keine Widerspruch zwischen der Rechtsordnung und den christlichen Werten: Wenn man sich an Gesetz und Ordnung halte, widerspreche das doch nicht dem „C“ im Parteinamen der CDU.

Und der Vorsitzende der Berliner Jungen Union, Sven Rissmann, erwähnt die „Gerechtigkeit“ als christlichen Grundwert. Dagegen hätten Mitglieder der Familie Aydin doch wohl mehrfach verstoßen, sagt Rissmann, im Hinblick auf das Aufenthaltsrecht wie bei Sozialleistungen. Da ist Körtings Votum für die Abschiebung aus Rissmanns Sicht nur gerecht gegenüber all denen, die sich an die Gesetze halten.

Michael Braun, CDU-Kreischef von Steglitz-Zehlendorf, fände einen Gegensatz zwischen der Rechtsordnung und den Grundwerten seiner Partei „gekünstelt.“ Die deutsche Rechtsordnung beruhe auf den Grundwerten, die auch in seiner Partei hochgehalten werden, sagt Braun. Gerichte, die über Asylanträge entscheiden, täten dies auf der Grundlage dieser Werte. Wenn deren Urteile nichts mehr gelten – „wozu brauchen wir dann noch Gerichte?“, fragt Braun. Der Kreuzberger CDU-Kreischef Kurt Wansner argumentiert weniger abstrakt – und trotzdem glaubensnah: „Wenn diese Familie nicht abgeschoben würde“, sagt er, „dann würde ich den Glauben an das Recht in diesem Land verlieren“. wvb.

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