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Das Auguste-Viktoria-Klinikum in Schöneberg.

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Was geschah im Auguste-Viktoria-Klinikum?: Krankenpfleger nach Missbrauchsverdacht fristlos gekündigt

Erst vor wenigen Wochen geriet die Charité in die Schlagzeilen: Ein Pfleger soll ein 16-jähriges Mädchen missbraucht haben. Jetzt wurde ein weiterer Fall bei Vivantes bekannt. Der Verdächtige soll mindestens drei Frauen sexuell missbraucht haben.

Von Sandra Dassler

Schon wieder steht ein Krankenpfleger im Verdacht, Patientinnen sexuell missbraucht zu haben. Mindestens drei Vorfälle sollen sich in den Jahren 2010 bis 2012 im Auguste-Viktoria-Klinikum in Schöneberg zugetragen haben. Nachdem im Jahr 2010 ein erster Übergriff des Mannes auf eine Patientin bekannt geworden war, sei der Pfleger zunächst in eine andere Abteilung versetzt worden, hieß es aus Klinikkreisen. Danach sollen zwei weitere Vorfälle beobachtet worden sein, inzwischen sei der Beschuldigte fristlos gekündigt worden und habe zudem Hausverbot.

„Die Kündigung erfolgte Ende vergangenen Jahres in Übereinstimmung mit dem Betriebsrat“, sagte eine Sprecherin des landeseigenen Klinikkonzerns Vivantes, zu dem das Auguste-Viktoria-Klinikum gehört, am Sonntag dem Tagesspiegel. Über Details der Vorwürfe wollte sie keine Auskunft geben. Auf die Frage, warum der 1964 geborene Pfleger erst zwei Jahre nach Bekanntwerden des ersten Vorfalls gekündigt wurde, sagte sie, die Aufklärung sei ja nicht durch Beschwerden der Patientinnen sondern durch Beobachtungen von Kolleginnen und Kollegen des Pflegers erfolgt. In einer Stellungnahme von Vivantes heißt es dazu: „Die Vorfälle, so wie sie von Kollegen beobachtet werden konnten, befanden sich in einer Grauzone zwischen akribischer Vorgehensweise und eventuell sexuell motivierten Handlungen. Insofern mag es bei Kollegen eine Scheu vor möglicherweise falschen Verdächtigungen gegeben haben.“
Nachdem aber die Pflegedirektion über den Verdacht informiert worden war, sei sofort gehandelt worden. "Am 13. Dezember erfolgte die Suspendierung, am 19. Dezember wurde Strafanzeige gestellt und am 27. Dezember wurde dem Mann fristlos gekündigt", sagte die Sprecherin. Meldungen, wonach der angekündigte Rücktritt von Vivantes-Chef Joachim Bovelet mit den Missbrauchsvorwürfen in Zusammenhang stehen könnte, wies sie als "reine und unsinnige Spekulation" zurück.

„Wir haben auf der Vivantes-Aufsichtsratssitzung Mitte Dezember von den Vorwürfen erfahren“, sagte die Sprecherin der Senatsverwaltung für Gesundheit, Franciska Obermeyer, am Sonntag dem Tagesspiegel. Vivantes habe darüber informiert, dass man den Pfleger bereits suspendiert habe und Strafanzeige gegen ihn stellen werde. Über den Stand der Ermittlungen konnten am Sonntag weder Polizei noch Staatsanwaltschaft Auskunft geben.

Sowohl Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für die SPD) als auch Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) hätten eine Chronologie der Ereignisse angefordert und auch erhalten, sagte Obermeyer weiter. Ein ähnlicher Fall hatte im vergangenen Herbst die Öffentlichkeit beschäftigt: An der Berliner Uniklinik Charité soll ein 58-jähriger Krankenpfleger im November ein Mädchen sexuell missbraucht haben. Nach Tagesspiegel-Informationen hat inzwischen eine weitere Frau Anzeige erstattet, weil sie vor Jahren als Minderjährige vom gleichen Pfleger missbraucht wurde. Erst angesichts des neuen Falls habe sie sich getraut, Anzeige zu erstatten, begründete ihr Anwalt die späte Entscheidung.

Im aktuellen Vivantes-Fall waren die mutmaßlichen Opfer zwar keine Kinder, aber das Thema sexuelle Gewalt spielt generell auch in Gesundheits- und Sozialeinrichtungen eine Rolle. Deshalb beteiligt sich die Gesundheitsverwaltung derzeit an der Entwicklung des Berliner Netzwerks gegen sexuelle Gewalt und an der bundesweiten Kampagne „Kein Raum für Missbrauch“.

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