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Was macht die Familie?: Dem Konsum trotzen

Wie eine Mutterdie Stadt erleben kann

Gerade versuchen wieder alle die Kindheit zu retten. Kampf dem Konsum in den Kinderzimmern, wird den Eltern eingehämmert. Nur ist bei Jan und Josefine nichts Rechtes zu finden. Fehlt uns vielleicht sogar etwas? Die beiden haben sich mit ihren zehn Jahren von den Werbestrategen der Spielzeughersteller, Hi-Fi-Produzenten und Modemarken bislang nicht ködern lassen. Oder sagen wir besser: kaum. Jack Wolfskin immerhin gelang es, seine Label-Pranke bei Jan auf die Schulter zu setzen. Von seiner Winterjacke hat er sich langsam auf Mütze und Kulturbeutel vorgearbeitet. Josefine erwies sich bisher allen Verlockungen gegenüber noch resistenter. Hello Kitty, Lillifee, die zuckersüßen Gefährtinnen aller kleinen Mädchen, sind ihr geradezu grässliche Gestalten. Rosa und Rüschen kann sie ohnehin nicht leiden, das fing schon im Kindergarten an. Das großartige Angebot eines Literaturagenten, das familiäre Drama des Markenterrors in Buchform niederzuschreiben, musste ich leider ausschlagen. Jan und Josefine boten nicht genügend Anschauungsmaterial.

Das könnte sich ändern. Nun hat sich doch Julius bei uns eingeschlichen, der Affe mit dem breiten Grinsen, eine Erfindung des amerikanischen Designers Paul Frank aus den neunziger Jahren. Kinder sind verrückt nach dem kleinen Kerl, er hockt auf T-Shirts, Taschen, Socken, Schals. Auch Jan und Josefine haben sich infizieren lassen. Der heißeste Wunsch ihres gemeinsamen Geburtstags war ein Kleidungsstück mit aufgedrucktem Julius-Konterfei, sündhaft teuer, nach der ersten Wäsche bereits angeknittert. Aber das bremst sie nicht in ihrer Begeisterung. Ja, diese sucht sich sogar neue Wege, mithilfe ihres Vaters. Keine zwei Wochen später sollte ich zum eigenen Geburtstag ein Paul-Frank-Hemd erhalten, dezenterweise mit kleinem Signet. Doch bevor die Konsumwelle über uns hereinbrechen kann, schließt auch schon wieder der Berliner Flaggstore. Es bleibt zu befürchten, dass die findigen Kinder die T-Shirts in anderen Läden auftreiben. Von den Versuchungen des Internets ganz zu schweigen. Wenn sich da nichts zusammenbraut. Julius hat gut lachen. Nicola Kuhn

Der Flaggstore von Paul Frank (Münzstraße 14 in Mitte) hat noch bis diesen Sonnabend geöffnet.

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