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Was macht die Familie?: Französisch altern

Wie eine Mutterdie Stadt erleben kann.

Sein neues Lieblingsfach ist: Französisch. Jan lernt die Sprache zwar gerade eben erst, seit Anfang August mit Beginn der siebten Klasse. Doch parliert er schon ganz manierlich. Wann immer sich uns die Gelegenheit zu Hause bietet, fragen wir uns frankophil gestimmt gegenseitig ab: wie es uns geht, wie wir heißen und wie alt wir sind. Konversation eben, wenn man sich rein zufällig begegnet. Mit meinem Alter kann ich dem Zwölfjährigen dann immer wieder mächtig imponieren, denn davon ist er himmelweit entfernt. Auch im französischen Zählen reicht er noch lange nicht heran. Er selbst ist gerade erst bei douze angelangt.

Mit der beständig repetierten Frage „Tu as quel âge?“ wird der ganze Haushalt konfrontiert. Selbst im Badezimmer ist der Satz aufgehängt, damit sich auch die richtige Schreibweise einprägt für den nächsten Vokabeltest. Dieses insistierende Erinnern ist auf die Dauer ausgesprochen ungalant, vor allem morgens. Zum Glück hängt eine passende Antwort für die Frühe auf Französisch auch gleich parat. „Je ne sais pas!“ Ich weiß es nicht.

Jans Zwillingsschwester Josefine treibt ebenfalls das Alter ihrer Mutter um, nur nicht ganz so charmant auf Französisch, sondern sehr konkret. „Könntest du dir nicht Anti-Aging- Creme besorgen?“, fragt das gute Kind. „Oder die Falten um die Augen wegmachen lassen?“ Tapfere Erklärungen, warum das Altern zum Menschen gehört und die Fältchen ebenso, fruchten bei ihr nicht.

Mit der beginnenden Pubertät hat die Zwölfjährige die Kosmetikabteilungen der Kaufhäuser längst entdeckt. Der Ablösungsprozess schreitet stetig voran. „Mama, du bist ja so peinlich“, schallt es einträchtig aus dem Munde beider Kinder, sobald ihre Mutter zu singen oder tanzen beginnt. „Hör sofort auf!“ Das Verdikt gilt in der Öffentlichkeit, sogar zu Hause.

Zuletzt aber haben wir es alle drei getan, in vollkommener Einträchtigkeit. Wir waren bei „Cro“ in der Spandauer Zitadelle, Jans und Josefines erstem Rockkonzert. Eine großartige Erfahrung. Im abendlichen Licht fielen nicht einmal mehr die Fältchen auf. Und nach dem Alter fragte schon gar keiner. Nicola Kuhn

Lust auf einen Besuch in der Zitadelle? Am 21. und 22. September ist dort Vampi-Fledermausfest.

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