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Berlin: WAS PROFIS SAGEN Ein Kunstwerk ohne Beipackzettel

Prominente zeigen ihr Lieblingsbild aus der MoMA-Schau: Anna Thalbach mag eins von Max Ernst

Max Ernst studierte Kunstgeschichte und brachte sich das Malen selbst bei. Mit seinen zwischen 1921 und 1924 entstandenen Werken schafft Max Ernst eine Verbindung zwischen Dadaismus und Surrealismus. In seinen Bildern verarbeitet er Illustrationen und Objekte, später erfindet er eine Art automatisches Zeichnen, die Frottage. Er fährt mit einem Bleistift über ein auf eine strukturierte Fläche gelegtes Blatt und lässt sich von den entstandenen Abdrücken inspirieren. Wie „Zwei Kinder werden von einer Nachtigall bedroht“ stellen viele seiner Werke Traumszenen dar, von denen ein irrationales Gefühl des Unbehagens ausgeht, weil sie an persönliche Erfahrungen im Traum appellieren. Durch die Gegenstände, die aus dem Bild ragen, ist der Betrachter gleichzeitig vor und im Bild. Er wird in die Traumerfahrung hineingezogen in diesem Falle das dumpfe Verlustgefühl für Raum, Größe und Entfernung. (aus dem Katalog) cof

Anna Thalbach (30) ist Schauspielerin und Künstlerin und lebt in Berlin. Ihre Ausstellung „Ich sehe was, was du nicht siehst“ ist gerade in Moers bei Dortmund angelaufen. Im Moment dreht sie einen „Tatort“ in Berlin und arbeitet an einer neuen Ausstellung. Am 26. März ist sie zum letzten Mal in Anton Tschechows „Möwe“ im Gorki-Theater zu sehen.

Das Bild gefällt mir, weil es eine so konkrete Geschichte erzählt. Auf der einen Seite ist es verspielt und zart, auf der anderen ist es bedrohlich und gruselig. Es hat etwas von einem Guckkasten, appelliert an eine andere Sehgewohnheit. Das Bild hat etwas Spielerisches, es ist Stück für Stück entstanden. Vielleicht wusste Max Ernst gar nicht, dass er eine Puppenstube basteln würde. Die Farben sind sehr schön. Und ich mag beschriftete Bilder. „Zwei Kinder werden von einer Nachtigall bedroht“, steht da. Dabei sieht es eigentlich ganz anders aus. Der Mann scheint den Jungen zu bedrohen, und das Mädchen hat ein Messer in der Hand. Die wirklich Bedrohte ist eigentlich die Nachtigall.

Ich glaube, alle Bilder sind für Kinder, auch die gewalttätigen Werke. Die Kinder schauen dann nur schneller weg, sie haben einen eigenen Schutzmechanismus. Die Farben in diesem Bild sind alles andere als brutal, dieses schöne Rot und das Blau. Mich würde interessieren, ob Kinder in diesem Bild überhaupt die Gewalt sehen. Es lässt einfach so viele Rätsel offen. Das finde ich schön an der Kunst. Viele möchten immer genau wissen, was der Künstler meinte. Warum, wieso und weshalb. Wenn der Künstler einen Beipackzettel zu seinem Bild beilegen wollte, dann hätte er es getan. Diese Suche nach einer Antwort auf alles ist eine große Faulheit. Die Menschen wollen sich nicht selbst anstrengen, eine Erklärung zu finden. Der Individualismus wird zwar immer noch groß verkündet, aber gerade in der Kunst folgen alle den Massen. Man hört immer: Sei du selbst. So ein Bild schafft die Anregung dafür. cof

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