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Berlin: Wasser marsch unter Zwangsverwaltung?

Erst mussten über 1000 Mieter fürchten, dass ihren kurzfristig der Wasserhahn abgedreht wird, jetzt soll ihr Haus in der Einemstraße unter Zwangsverwaltung gestellt werden. Bezirksbaustadtrat Gerhard Lawrentz (CDU) teilte gestern mit, dass er sich mit der Berlin Hyp auf dieses Verfahren verständigt habe.

Erst mussten über 1000 Mieter fürchten, dass ihren kurzfristig der Wasserhahn abgedreht wird, jetzt soll ihr Haus in der Einemstraße unter Zwangsverwaltung gestellt werden. Bezirksbaustadtrat Gerhard Lawrentz (CDU) teilte gestern mit, dass er sich mit der Berlin Hyp auf dieses Verfahren verständigt habe. Die Berlin Hyp ist die Gläubigerbank der Immobilienfirma Euroim, der das Haus gehört. Sie hatte Abschlagszahlungen der Mieter über mehrere Monate nicht an die Wasserbetriebe weitergeleitet.

Sowohl die Berliner Wasserwerke als auch die Bewag hatten mit kurzfristigem Versorgungsstopp gedroht. Er rechne nun damit, so Lawrentz, dass die Bank zahle, sobald das Gebäude unter Zwangsverwaltung stehe. Dies bedeute für die Mieter, dass sie wieder ruhig schlafen könnten.

Schiere Fassungslosigkeit, Verunsicherung und kaum zu zügelnder Zorn herrschten noch am Mittwoch abend auf einer Mieterversammlung in der Einemstraße. In der Diskussion mit Vertretern der Versorgungsbetriebe und Bezirkspolitikern standen sich die Parteien unvereinbar gegenüber. "Sie nehmen uns als Geiseln, um Geld von Ihrem Vertragspartner zu bekommen!", hatten Mieter unter lautem Beifall gerufen, "Sie betreiben hier eine Erpressung der Bewohner, ohne auch nur sämtliche Mittel ausgeschöpft zu haben, den Schuldner zur Zahlung zu zwingen. Dafür hat hier keiner Verständnis". Das Podium mit Vertretern der Versorgungsbetriebe war eine klare Antwort darauf schuldig geblieben. Dabei hatte die Vertreterin der Wasserbetriebe, Gabriele Stieg, anfangs noch behauptet, alle erdenklichen Möglichkeiten seien ausgeschöpft worden. Zweifel daran hatten jedoch nicht nur die Mieter. "Nun wollen wir doch mal Tacheles reden", entschied schließlich der für das Wohnungsaufsichtsamt zuständigen Baustadtrat Lawrentz. "Die verantwortlichen Gläubiger haben sich nicht getraut, ein Konkursverfahren auf den Weg zu bringen. Sie hatten Angst, dann überhaupt kein Geld mehr zu sehen!" Aus dem Publikum warf daraufhin eine in der Bankbranche tätige Mieterin ein, dass ein Anruf bei der zuständigen Bank genügen müsste, um die Dinge in Bewegung zu bringen. Der kurzfristige Erfolg des Baustadtrates am gestrigen Tag bestätigte dies.

In einem Rundschreiben vom 6. November hatten die Wasserbetriebe zunächst die Bildung einer Notgemeinschaft von Mietern vorgeschlagen und gleichzeitig angedroht, die Versorgung einzustellen, wenn die aktuellen Forderungen von rund 81 000 Mark nicht bis zum 16. November von den Mietern direkt gezahlt würden. Der Hintergrund: Der eigentlich zahlungspflichtige Vermieter - die Immobiliengesellschaft Euroim - hat den Wasserbetrieben zufolge einen Rückstand von rund einer halben Million Mark auflaufen lassen - allein für die Wohnanlage in der Einemstraße. Mehr als 15 Euroim-Häuser stehen derzeit in der Kreide. Allein bei den Wasserbetrieben belaufen sich die Schulden auf rund 1,8 Millionen Mark. Bei der Bewag, die den Mietern eine Sperre des Hausstroms zum Dezember angedroht hat, hat die Euroim nach Angaben des Stromlieferanten rund 800 000 Mark Schulden. Mehrfach wurde während der Diskussion am Mittwochabend sowohl von Bezirkspolitikern als auch von Mietern die Frage gestellt, warum sowohl die Gläubigerbank als auch die Versorgungsbetriebe es soweit haben kommen lassen.

Die Vorgänge erinnern an die Pleite der Immobilienfirma Appel Grundvermögen im März dieses Jahres. Wochenlang hatten die Bewohner von mehr als 60 Berliner Häusern einen Stopp der Wasserzufuhr fürchten müssen. In einem Dutzend der Häuser, darunter einige in Charlottenburg-Wilmersdorf, drohte zudem eine Stromsperre durch die Bewag. Die Firma Appel schuldete den Versorgern rund 1,5 Millionen Mark. In einigen Häusern vermieden die Mieter die Sperrungen, indem sie die laufenden Kosten direkt überwiesen. Für die übrigen Häuser kam die Entwarnung ausgerechnet mit dem Konkursantrag der Firma: In diesem Moment beglichen Banken und eine Hausverwaltung die offenen Rechnungen.

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