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Berlin: Weddinger Bürgermeister widerspricht eigenen Vorschlägen: "Zuzugssperren gehören in die Mottenkiste"

"Zuzugssperren für Ausländer gehören in die Mottenkiste der Politik. Dorthin, woher sie die CDU geholt hat.

"Zuzugssperren für Ausländer gehören in die Mottenkiste der Politik. Dorthin, woher sie die CDU geholt hat." Mit diesen Worten hat Weddings Bezirksbürgermeister Hans Nisblé (SPD) am Montag eine Wende um 180 Grad vollzogen. Im August 1998 hatte der Rathauschef mit seinen Gedankenspielen Aufsehen erregt, mit einem Einwanderungsgesetz und Quotenregelungen den weiteren Zuzug von Ausländern in Wohnviertel zu stoppen. Nisblé hatte vor einem Jahr nach dem Ende der dritten Innenstadtkonferenz gesagt, eine Zuzugssperre für bestimmte Stadtviertel dürfe kein Tabu mehr sein. Davon wollte er gestern nichts mehr wissen. Er forderte den Senat jedoch auf, auf weitere Heime für Kriegsflüchtlinge in Wedding zu verzichten. Ob diese Forderung rein rechtlich durchsetzbar ist, blieb eine offene Frage.

Nisblé äußerte sich besorgt über die Zukunft seines Bezirks. "Wedding darf nicht zum Hinterhof des neuen Regierungsviertels werden", sagte er. Das Rathaus für den neuen Innenstadtbezirk (Mitte, Tiergarten, Wedding) gehört nach Ansicht des Bürgermeisters dorthin, "wo die meisten Menschen mit Problemen leben, also nach Wedding oder nach Moabit". Dass die Menschen in Wedding Probleme haben, wurde aus Zahlen deutlich. Die Arbeitslosenquote liegt bei 21,6 Prozent, die der Sozialhilfeempfänger bei knapp 20 Prozent. (Zum Vergleich: Laut Statistischem Jahrbuch lag die Arbeitslosenquote 1997 für ganz Berlin bei 17,3 Prozent). "Mit der Lebenssituation vieler Weddinger sollte man keinen populistischen Wahlkampf machen", sagte Nisblé und zielte damit in Richtung CDU. Er begrüßte den Plan der Bundesregierung, die Einkommensgrenzen für den Sozialen Wohnungsbau heraufzusetzen und damit Sozialwohnungen wieder für Normalverdiener wie Busfahrer und Verkäuferinnen zugänglich zu machen. "Die Abstimmung der Besserverdienenden mit dem Möbelwagen muss endlich gestoppt werden", sagte der Rathauschef und nannte die Streichung der Belegungsbindung für Sozialwohnungen als Rezept. Die BVV Wedding hatte Nisblé und seine Stadträte bereits im Januar 1999 aufgefordert, die Fehlbelegungsabgabe für den gesamten Bezirk abzuschaffen. Für die Brunnenstraße (22 000 Einwohner in rund 8000 Wohnungen) ist dies bereits geschehen. Vielleicht zu spät. Denn die Folgen der Belegungsbindung sind deutlich zu erkennen: Jeder dritte Bewohner bekommt Sozialhilfe und hat auch seine Wohnung vom Sozialamt erhalten.

brun

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