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Ermittlungen. Im Hausflur in der Neuköllner Warthestraße hat ein Brandstifter gezündelt. Experten der Polizei sichern Spuren am Tatort.

© Tzscheuschner

Wegen Brandstiftungen: Polizei schickt mehr Zivilstreifen nach Neukölln

Nach Informationen des Tagesspiegel schickt die Polizei verstärkt zivile Einsatzkräfte in den Kiez. In der Nacht zu Montag brannte aber jetzt auch in einem Weddinger Hausflur ein Kinderwagen.

Die Serie von Brandstiftungen weitet sich aus. Nachdem es am Wochenende gleich an vier Stellen in Neukölln gebrannt hatte, musste die Feuerwehr in der Nacht zu Montag zu einem Feuer in einem Treppenhaus in der Oudenarder Straße in Wedding ausrücken. Auch hier stand ein Kinderwagen in Flammen. Verletzte gab es diesmal nicht. Fast zeitgleich, gegen kurz vor drei Uhr, brannten zwei Lauben einer Kleingartenkolonie in der Swakopmunder Straße im gleichen Bezirk aus. Ein Passant alarmierte die Feuerwehr. Die Flammen griffen auch auf ein drittes Gartenhäuschen über. Die Rettungskräfte waren bis in die Morgenstunden mit dem Löschen beschäftigt. Ob auch hier ein Brandstifter am Werk war, sei noch völlig unklar, sagte ein Polizeisprecher. Die Ursache werde noch ermittelt.

Nach der auffälligen Häufung von Treppenhauszündeleien in Neukölln, ist die Polizei nach Tagesspiegel-Informationen nun verstärkt mit Zivilstreifen unterwegs. Die Polizei wollte das nicht offiziell bestätigen. Ein Sprecher sagte, man reagiere mit einem „auf die jeweilige Lage zugeschnittenen polizeilichen Einsatz- und Ermittlungskonzept“.

Doch offenbar haben die 22 Hinweise zum verheerenden Treppenhausbrand in der Sonnenallee am 12. März die Ermittler der Sonderkommission auch noch nicht weiter voran gebracht. Drei Menschen waren durch die Brandstiftung ums Leben gekommen. Allein in Nord-Neukölln hatte es seit Jahresbeginn mindestens zwölf Brandstiftungen gegeben. Im Kiez haben viele Menschen Angst, dass ihr Treppenhaus als nächstes in Flammen steht und rätseln, ob es sich um die Taten eines Serienbrandstifters handeln könnte. Die Staatsanwaltschaft hatte schon vergangene Woche versucht, den Fahndungsdruck zu erhöhen, indem sie 25 000 Euro Belohnung ausgelobte für entscheidende Hinweise, die zum Täter führen.

All dies ist kein Garant für den Fahndungserfolg. Vor einem Jahr hatte eine Brandserie in Hellersdorf Schlagzeilen gemacht und der Polizei und Feuerwehr viel Arbeit beschert. Von 100 registrierten Brandstiftungen konnten die Ermittler 65 Fälle einer Serie zuordnen, hieß es bei der Polizei. Die letzte Brandstiftung, die „zweifelsfrei der oder den Serienbrandstiftungen zugeordnet werden konnte, war am 20. November 2010“, sagte ein Sprecher. Auch hier konnte die Polizei bislang keinen Tatverdächtigen ermitteln. Und das, obwohl auch hier verstärkt Zivilpolizisten eingesetzt worden waren. Dafür wurden teilweise Ermittler der Sonderkommission Graffiti nach Hellersdorf abgeordnet. Dies wiederum hatte – wie berichtet – dazu geführt, dass die Graffiti-Spezialisten kaum noch Sprüher auf frischer Tat erwischen konnten.

Der CDU-Innenexperte Robbin Juhnke nutzte die jüngste Häufung von Brandstiftungen noch einmal, um an den Senat zu appellieren, „nicht mehr an der Polizei zu sparen, sondern das Personal endlich wieder zu erhöhen". Zudem forderte er Vermieter auf, auf freiwilliger Basis die mittlerweile sehr günstigen Rauchmelder in Hausfluren anzubringen, solange es noch keine rechtliche Verpflichtung zur Installation gibt.

Hausbewohner treibt neben der Sorge vor einem Serien-Brandstifter oder Nachahmer auch die Frage um, wie man sich im Ernstfall richtig verhält und ob die Hauseingangstüren nun abgeschlossen werden sollten oder ob das bei einem Notfall-Einsatz eher hinderlich ist. Dazu sagt die Feuerwehr: Es müsse unterschieden werden, ob es sich um ein Wohngebäude mit oder ohne Gegensprechanlage handelt. In einem Haus mit der Möglichkeit, eine solche zu benutzen, sollen die Türen geschlossen sein – aber nicht verschlossen. Diese Variante, also die Tür abends mit dem Hausschlüssel abzuschließen, komme für Gebäude in Frage, in denen es keine Gegensprech- oder Klingelanlage gibt. Denn hier sei es wichtig, potenzielle Brandstifter fernzuhalten. „In einem Notfall, wenn uns beispielsweise jemand wegen eines Herzinfarkts alarmiert, bekommen die Rettungskräfte jede abgeschlossene Tür sofort auf“, sagte ein Feuerwehrsprecher.

Doch am wichtigsten sei es derzeit, den Menschen klar zu machen, dass sie bei einem Treppenhausbrand eben nicht nach draußen flüchten sollen, da der Rauch, der sich dort bildet, „der Weg in den Tod“ sei. Stattdessen sollen Mieter in ihrer Wohnung bleiben, eventuell die Wohnungstür mit nassen Lappen abdichten und auf die Rettungskräfte warten. Bei vergangenen Hausflurbränden habe sich gezeigt, dass Wohnungstüren, seien sie noch so verkokelt von außen, den Flammen in der Regel standhalten – sofern sie nicht geöffnet werden.

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