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Berlin: Wegert in der Krise

Gewerkschaft: Viele Filialen sind geschlossen Zukunft der Berliner Foto-Kette ungewiss

Das war eine böse Überraschung für viele Beschäftigte des traditionsreichen Unternehmens Foto-Wegert. Als die Mitarbeiter gestern früh zu ihren Arbeitsplätzen wollten, waren nach Angaben der Gewerkschaft Verdi rund zwei Drittel der 83 Filialen in Berlin und Brandenburg geschlossen und wurden zum Teil ausgeräumt. Am Montag seien unter einem Vorwand die Geschäftsschlüssel eingesammelt worden. 187 von 250 Beschäftigten wurden mit sofortiger Wirkung von der Arbeit freigestellt. Bei der Wegert-Zentrale in Schönefeld war gestern Nachmittag niemand zu erreichen. Die Telefonhörer wurden nicht abgenommen.

Erika Ritter von Verdi vermutet hinter dem Schritt „schwere finanzielle Probleme und gravierende Managementfehler. Vermutlich seien die Arbeitsplätze der 187 freigestellten Mitarbeiter akut gefährdet. In dem Schreiben der Geschäftsleitung, das die Mitarbeiter am Montagabend zu Hause in Händen hielten und das dem Tagesspiegel vorliegt, wurde mitgeteilt, dass sich die Umsätze nicht erwartungsgemäß entwickelt hätten. Deshalb sei ein Restrukturierungsprozess einzuleiten. Die Mitarbieter sollen „bitte“ nicht mehr zum Dienst in einer Wegert-Filiale erscheinen. Nach Angaben einer Mitarbeiterin wurde bereits im Dezember kein Gehalt mehr gezahlt.

Die 68 Mitarbeiter, die weiter arbeiten dürfen, hätten sich, so Ritter, am Montagabend auf einer kurzfristig einberufenen Versammlung in Schönefeld entscheiden müssen, ob sie unter veränderten Bedingungen weiter für Wegert arbeiten wollten. Einzelheiten darüber seien nicht bekannt, so Ritter. Am Freitag soll es eine Mitarbeiterversammlung geben.

Die Fotokette mit Läden fast überall in der Stadt war 1930 von Egon Wegert gegründet worden. Nachdem die Brüder Michael und Matthias Wegert die vom Unternehmen übernommene Kette Pro Markt, die sie an den englischen Konzern Kingfisher verkauft hatten, zurückerworben hatten, veräußerten sie im vergangenen Sommer die Wegert–Gruppe an den ehemaligen Vertriebsleiter Christian John von Freyend. Eine Partnerschaft mit dem Tele-Unternehmen Mobilcom sollte ein Neustart für die Filialkette sein. Doch schon kurz nach der Geschäftsübernahme soll es nach Verdi-Angaben Probleme beim Einkauf und beim Sortiment gegeben haben. Bereits im Dezember soll auf Bestellungen verzichtet worden sein.

Im Fotofachhandel gibt es seit Jahren einen harten Existenzkampf. Mehrere Unternehmen mit Filialen mussten komplett aufgeben – wie Radio-Perschke 1996 oder Foto Klinke Ende 2002. Die Konkurrenz der großen Märkte wie Media Markt oder Saturn ist übermächtig.

Als die Brüder Wegert am Kurfürstendamm den damaligen „Tema“-Fachmarkt eröffneten, bedeutete dies auch das Ende für das Traditionshaus Wiesenhavern auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Dem großen Konkurrenten war man nicht gewachsen.

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