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Berlin: Weihnachtsgeld können sich viele schenken

Die Jahresleistung für Beamte und Senatoren könnte 2003 wegfallen – andere haben die Bescherung schon jetzt

Berlins Senatoren müssen sich im kommenden Jahr wohl darauf einstellen, ohne Weihnachtsgeld auszukommen. Die PDS hat Zustimmung zu einem Vorstoß der Grünen signalisiert, nach dem die Spitzenkräfte der Berliner Politik auf diese Art einen Sparbeitrag leisten sollen. Auch Beamte und Angestellte im Öffentlichen Dienst sollen im Rahmen der Sparpläne des Senats auf Weihnachtsgeld verzichten. Dann würde es ihnen 2003 so gehen wie vielen Berlinern, die entweder noch nie Weihnachtsgeld bekamen oder dieses Jahr erstmals verzichten müssen.

Etliche Mitarbeiter von Restaurants und Hotels etwa bekommen keine Extra-Zahlung. Viele Betriebe könnten sich ein Weihnachtsgeld nicht mehr leisten, sagt Karl Weißenborn, Geschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbands: „Den Mitarbeitern war die Sicherung des Arbeitsplatzes wichtiger.“ Auch Einzelhändler zahlten nur noch Weihnachtsgeld, wenn sie per Tarifvertrag dazu verpflichtet seien, sagt Niels Busch-Petersen. Der Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes befürchtet nun einen Teufelskreis: Kein Weihnachtsgeld, weniger Geschenkeinkäufe, schlechte Umsätze. Besonders bitter ist für ihn, dass der Einzelhandel daran direkt beteiligt ist. Wenn am Weihnachtsgeld gespart wird, lahmt der Konsum. Allein in Berlin summieren sich die Zahlungen nach Schätzungen des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung auf mehrere Milliarden Euro.

Weniger Geld haben zum Ende dieses Jahres nicht nur Köche und Verkäufer, sondern auch die Mitarbeiter der Bankgesellschaft Berlin: Im April hatten sie im Rahmen der Sanierungsvereinbarungen auf alle außertariflichen Sonderzahlungen verzichtet. Das 13. Monatsgehalt ist allerdings unangetastet, weil es im Tarifvertrag festgeschrieben ist. In Teilen, so eine Bankgesellschafts-Sprecherin, wurde es aber schon früher im Jahr ausgezahlt.

Im Öffentlichen Dienst – Berlins bedeutendster Arbeitgeber – geht es schon seit längerem zu Weihnachten nicht mehr so üppig zu. Ursprünglich erhielten die öffentlich Beschäftigten ein volles Monatsgehalt , im Ostteil waren es 75 Prozent. Bereits 1994 jedoch wurde das 13. Gehalt eingefroren und beträgt jetzt noch rund 85 Prozent, im Osten liegt es bei knapp 65 Prozent.

Berliner Großbetriebe halten es in diesem Jahr meist wie 2001: Wer übertariflich bezahlte, bleibt dabei. Wer schon früher kein Extra-Geld gewährt hatte, tut es auch dieses Jahr nicht. Bei Siemens gibt es die vereinbarten 50 bis 55 Prozent eines Monatsgehaltes, mehr nicht. Die BMW-Motorradbauer dagegen bekommen auch dieses Jahr ein extra-Weihnachtsgeld, das sich an der Betriebszugehörigkeit orientiert und bei bis zu 120 Prozent eines Gehalts liegt.

Teils phantasievolle Lösungen haben Kleinbetriebe gesucht. Während Handwerker oft an Tarifverträge gebunden sind, geht es in anderen Branchen flexibler zu: teils verzichteten die Mitarbeiter ganz, teils stimmten sie einer Verschiebung zu – und manchmal gibt es sogar statt Geld eine Sachleistung: Der Inhaber einer Kleinfirma kaufte jedem seiner Mitarbeiter einen Aldi-Computer. Der kostet nicht ganz ein Gehalt – und Sozialabgaben muss er darauf auch nicht bezahlen.

Jörg-Peter Rau

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