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Weniger Geld durch neue Volkszählung: Berlins interner Finanzausgleich

Ob es nun um die Zuschüsse für Universitäten oder andere Großprojekte wie den Neubau der Zentral- und Landesbibliothek geht - all das kostet Geld. Doch davon hat Berlin durch die neue Volkszählung nun weniger. Wo kann die Stadt sparen?

Erst ging es um die Zahlen, jetzt geht es ums Geld. Die Volkszählung, die für Berlin 179 391 weniger Einwohner als angenommen erbracht hat, wird die Stadt eine Menge Geld kosten. Berlin muss wegen der geringeren Summen aus dem Länderfinanzausgleich, der sich nach der Einwohnerzahl richtet, dauerhaft mit 500 Millionen Euro weniger pro Jahr auskommen. Über die Auswirkungen im Haushalt will der Senat am Dienstag beraten. Zurzeit laufen die Haushaltsverhandlungen. In welchen Ressorts kann noch gespart werden? Darüber gibt es nun Streit.

Obwohl die Koalition betont, im Bildungsbereich zu investieren statt zu kürzen, könnte es auch SPD-Bildungssenatorin Sandra Scheeres treffen. „Ob wir mit der Inklusion so anfangen können wie geplant, ist jetzt fraglich“, sagt SPD-Bildungspolitiker Ilkin Özisik. Um sie anzuschieben, sollte es 2014/15 einen zusätzlichen zweistelligen Millionenbetrag für Beratungszentren und Personal geben. Falls dieses Geld nicht fließen würde, sollte man zum jetzigen Zeitpunkt mit der Inklusion „lieber nicht anfangen“, findet Özisik. Auch wenn er diese Konsequenz bedauern würde, sei es in den anderen Schulbereichen „noch schwieriger“, von den Vorhaben abzugehen. Für „politischen Selbstmord“ hielte er es, das Programm für die Brennpunktschulen zu streichen, denn die Schulen hätten sich auf die zugesagten 15 Millionen Euro eingestellt. Ähnlich verhält es sich mit den um neun Millionen Euro erhöhten Zuschüssen für das bessere Schulessen und mit der erkämpften Altersermäßigung der Lehrkräfte. All das ist für Ösizik nicht mehr verhandelbar.

Auch für Berlins Hochschulen kommt die neue Haushaltslage zur Unzeit. Sie verhandeln mit dem Senat gerade über ihre Zuschüsse für die Jahre von 2014 bis 2017 und fordern eine Steigerung von 3,8 Prozent. TU-Präsident Jörg Steinbach sagt, „die nicht öffentlich diskutierten Summen für die Hochschulen des Landes sind weit vom tatsächlichen Bedarf entfernt“. Steinbach wollte nicht sagen, um welche Summen es sich handelt. Vom Senat war dazu nichts zu erfahren. Gerüchten zufolge soll in der Politik aber für die Unis eine Steigerung um 90 bis 100 Millionen Euro bis 2017 diskutiert werden. Die Hochschulen fordern eine Steigerung um 147 Millionen Euro.

Jan-Hendrik Olbertz, Präsident der Humboldt-Universität, und Michael Heine, der Präsident der Hochschule für Technik und Wirtschaft, sagten, sollte das Gerücht stimmen, könnten die Unis die aktuelle Zahl von Studienplätzen auf keinen Fall mehr halten. „Wir werden keine Seminare mit 300 Studierenden machen. Da verlieren wir unseren Ruf“, sagte Olbertz: „Die Steigerung ist bitter nötig.“ Berlin wird um das Sparen allerdings nicht herumkommen. Denn allein für die letzten drei Jahre hat die Stadt nach Berechnungen der Senatsverwaltung etwa 940 Millionen Euro zu viel aus dem Finanzausgleich erhalten. Dieses Geld soll nun mit den nächsten Zuweisungen verrechnet werden.

Die Fraktionschefs Raed Saleh (SPD) und Florian Graf (CDU) fordern auch deshalb eine „harte Ausgabenlinie des Senats“ und eine neue Finanzplanung. „Es geht nicht nur um Großprojekte, sondern wir werden den ganzen Haushalt nach Einsparungsmöglichkeiten durchforsten müssen“, sagte der stellvertretende CDU-Fraktionschef Stefan Evers. Vorhaben wie die Internationale Bauausstellung, die Gartenausstellung, die ICC-Sanierung oder der geplante umstrittene Neubau der Zentral- und Landesbibliothek belasteten den Landeshaushalt jeweils nur mit einstelligen Millionenbeträgen (zur ZLB siehe auch Kasten). Im Gesundheits- und Arbeitsbereich sind Kürzungen nur schwer möglich, da aus diesen Ressorts gesetzlich garantierte Leistungen wie Kosten der Unterkunft, Hilfe zur Pflege oder Arbeitsfördermaßnahmen finanziert werden.

Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop warnt vor den „langfristigen Auswirkungen“ der Sparpolitik im Haushalt. Das Ziel des Senats, ab 2015 keine neuen Kredite mehr aufnehmen zu müssen, „ist gekippt“. Pop forderte ein Baukosten-Controlling für Großprojekte. Linken-Fraktionschef Udo Wolf erwartet, dass der Senat bei allen Sparzwängen Prioritäten für Wohnen, Bildung und den öffentlichen Dienst setzt.

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