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Spielen, bauen, trösten. Auch wenn es schwerfällt, das eigene Kind abzugeben – meistens weint es nur so lange, bis die Eltern das Haus verlassen haben.

© Getty Images/iStockphoto

Wenn Eltern mal frei haben wollen: „Ein Babysitter ist keine Leihmutter“

Autorin Barbara Sommerer fing mit 53 Jahren an, für eine Agentur professionell auf Kinder aufzupassen. Jetzt hat sie ein Buch mit Tipps für Eltern und Babysitter veröffentlicht.

Babysitter kann man in einer Agentur, aber auch selbstständig sein. Was ist der Unterschied?

Mit einer Agentur sind der Kunde und der Babysitter nicht alleine. Ein Austausch findet statt, außerdem läuft die Arbeit nach bestimmten Richtlinien ab, beide Parteien werden überprüft. Das gibt Sicherheit. Leider findet man bis jetzt fast nur in Großstädten Agenturen, obwohl sie überall gebraucht werden. Selbstständig kann man überall arbeiten, auf dem Land und in der Stadt. Dann muss man jedoch von der Kundenakquise bis hin zur Rechnung alles alleine machen – was aber kein Problem ist.

Wie findet man die geeignete Person?
Das hängt davon ab, in welcher Situation ein Babysitter gebraucht wird. In einer Notsituation, wie Krankheit oder einem kurzfristigen Arbeitsauftrag der Eltern, aber auch bei Veranstaltungen, Hochzeiten und Kindergeburtstagen, hilft eine Agentur am schnellsten. Wenn langfristig eine Lösung gesucht wird, gibt es verschiedene Möglichkeiten: Bekanntenkreis, Internetportale, Aushänge, die eigene Ausschreibung, Agentur.

Worauf sollten Eltern beim Vorstellungsgespräch achten?
Der Babysitter wird nicht nur für das Kind engagiert. Die ganze Familie sollte sich bewusst werden, was für einen Babysitter sie sich wünscht, für wann und was die konkreten Aufgaben sein werden. Beim Vorstellungsgespräch sollte dann die Chemie stimmen. Um das herauszufinden, könnte man beispielsweise das Gespräch mit einem Spielplatzbesuch verknüpfen. Daneben sind Zeugnisse, Erfahrungen und Empfehlungsschreiben wichtig.

Und was sollte der Babysitter beachten, wenn er einen neuen Job annimmt?
Egal ob mit Agentur oder selbstständig, alle Rahmenbedingungen von Zeit, Geld bis hin zum Ablauf sollten geklärt sein. Nicht zu vergessen ist das eigene Heimkommen oder gegebenenfalls die Übernachtung bei späten Terminen oder abgelegenen Orten, zum Beispiel einer Hochzeit im Umland. Bei der Übergabe des Kindes oder der Kinder sind dann viele Fragen wichtig. Hat das Kind schon gegessen? Geht man noch mal raus? Wie lange und womit soll gespielt werden? Wann geht es ins Bett und wann und wie sind die Eltern erreichbar? Hier spielen Wünsche und Kultur der Familie eine Rolle.

Babysitter-Jobs können auch körperlich, geistig oder finanziell belastend sein. Welche Grenzen gibt es?
Die Familien engagieren einen Babysitter, keine Leihmutter oder -vater. Dessen sollten sich beide Parteien bewusst sein. Am besten ist es, offen über die Belastbarkeit und Grenzen zu sprechen. Ein Babysitter ist dazu da, die Familie und die Entwicklung des Kindes zu unterstützen und nicht, um jemanden zu ersetzen.

Grenzen auf der Seite der Familie sind sicherlich deren persönliche Sachen und deren Benutzung. Oder ob zum Beispiel mit dem Kind im Elternbett gekuschelt werden darf, wenn es das möchte. Babysitter hingegen sollten nicht für alles zur Verfügung stehen. Sie sind für die Kinder da und nicht für den Haushalt. Kinderbetreuung ist eine anspruchsvolle Dienstleistung, die in Deutschland immer noch zu wenig wertgeschätzt wird. Das sieht man oft auch an der Bezahlung. Aber wer mal einen abgelegenen oder schlecht bezahlten Job annimmt, kann dadurch hilfreiche Erfahrungen sammeln. Wenn das allerdings zur Regel wird, muss man lernen, abzulehnen.

Erzieht der Babysitter das Kind mit?
Ich lehne das Wort Erziehung ab. Man sollte Werte vermitteln, Brücken bauen, Halt geben und liebevoller Joker sein. Und falls es doch zu Konflikten kommt, sollten diese nicht überbewertet werden, einfach reflektieren, was davor passiert ist, und darüber reden.

Wie verhält man sich, wenn mal etwas kaputtgeht ?
Dass etwas zu Bruch geht, gehört mit dazu. Deshalb sollte man keine Angst haben, das offen anzusprechen. Normalerweise haben der Babysitter und die Eltern eine Haftpflichtversicherung.

Was tun, wenn das Kind sich nicht an Vereinbarungen hält. Wenn es sich zum Beispiel nach dem Essen weigert, den Tisch mit abzuräumen?
Hier sind kreative Lösungen gefragt. Tischabräumen mag niemand. Aber man kann sich ein gemeinsames Ziel setzen. Wenn der Tisch frei ist, wird eine Geschichte vorgelesen oder man hilft im Gegenzug beim Spielsachenwegräumen. Bei Älteren kann man auch darum spielen. Wer bei drei Runden Uno als Verlierer rausgeht, muss abräumen.

Wie sollte man sich verabschieden?
Ein Feedback ist ein schönes Ritual zum Abschluss des Tages. Einfach berichten, was man alles gemacht hat, wie der Tag verlaufen ist und was man Schönes erlebt hat. Eventuell kann man auch das ein oder andere Problemchen ansprechen. Kleine Geheimnisse, wie die zusätzliche Gute-Nacht-Geschichte, dürfen natürlich geheim bleiben.

Barbara Sommerer

ist Buchautorin, Mutter und Großmutter. Früher war sie PR-Beraterin, heute schätzt sie ihre Arbeit als professionelle Babysitterin. Das Interview führte Lilith Grull.

Das Buch

„Ein Babysitter von heute ist Eltern- und Problemversteher, Tröster, Beschützer, Abholer und Bringer, Stadterklärer, Geschichtenerfinder und Sandmännchen“, schreibt Barbara Sommerer in ihrem Ratgeber für Eltern und Babysitter „Die Babysitterfibel – Alles, was Eltern & Babysitter wissen müssen“. Die PR-Beraterin und Buchautorin kam durch einen Zufall zum Babysitten. In der Agentur ihrer Tochter gab es einen Engpass. Mit 53 Jahren erscheint dies zunächst ungewöhnlich, aber die flexible und abwechslungsreiche Arbeit mit Kindern macht ihr Spaß. Dabei erfuhr sie selber, dass diesem anspruchsvollen Job viel zu wenig Anerkennung entgegengebracht wird; einer der Gründe für die Fibel. Das Buch ist gerade im Steffen Verlag erschienen und kostet 9,95 Euro.

Lilith Grull

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