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Berlin: Wer einen Job sucht, kann lange warten

Tausende Hartz-IV-Empfänger warteten stundenlang vor dem neuen zentralen Job-Center in Moabit – obwohl die Behörde mit dem Andrang gerechnet hatte

Die Schlange der Arbeitslosen reichte am Dienstagmorgen schon bis zur 50 Meter entfernten Straßenecke. Da hatte das neu eingerichtete zentrale Job-Center von Berlin-Mitte noch nicht einmal geöffnet.

Ab acht Uhr ging es dann im Foyer des Hauses in der Sickingenstraße 70/71 wie am Eingang eines Wespennestes zu: Jeder Ankommende wurde schon an der Tür von eigens dafür eingesetzten Mitarbeitern abgefangen, nach seinem Anliegen befragt und dann an den richtigen Ort im Innern des frisch renovierten Gebäudes geleitet. Von nun an werden hier täglich außer mittwochs von 8.30 bis 12.30 Uhr rund 50 000 Arbeitslose betreut, die sich bisher auf vier Job-Center-Büros in Wedding, Tiergarten und Alt-Mitte verteilten. „Durch die Zusammenlegung lässt sich unsere Arbeit besser koordinieren“, sagt Geschäftsführer Winfried Krüger. „Außerdem mussten viele unserer Kunden bislang zu verschiedenen Stellen gehen, je nachdem, ob sie ihr Geld abholen oder zur Jobvermittlung wollten. Jetzt findet beides unter einem Dach statt“, erklärt der 54-Jährige, der bis zur Einführung von Hartz-IV das Sozialamt Mitte leitete.

„Ich stehe schon seit über zwei Stunden an“, sagt Sanal H. Der 32-Jährige hat sich bis zum Tresen vorgekämpft – nun trennt ihn nur noch ein Wachmann von der Sachbearbeiterin für seinen Fall. „Ich bin seit über einem Jahr arbeitslos und würde eigentlich alles machen“, sagt Sanal H. Hinter ihm wartet Svetlana V. Die 43-jährige Bibliothekarin aus Russland ist erst vor zwei Monaten nach Deutschland gekommen und möchte einen Sprachkurs machen. Ihre zaghaften Worte in gebrochenem Deutsch sind kaum zu vernehmen, so laut brummt es in der Eingangshalle, in der manche der wegen der langen Wartezeiten aufgebrachten Hartz-IV-Empfänger durcheinander schreien.

Zwei Etagen höher ist es still. Die Gänge sind leer, es riecht noch nach frischer Farbe. Im Konferenzraum empfängt Geschäftsführer Krüger die Journalisten. Auf dem Tisch steht ein prall gefülltes Glas mit Süßigkeiten. „Wir hatten mit dem Andrang gerechnet, weil die anderen Büros zum Teil drei Tage lang geschlossen waren“, sagt Krüger ganz ruhig. Doch der Umzug sei nicht ohne Pannen verlaufen: „Einige Container mit Akten kamen nicht rechtzeitig an“, berichtet Krüger. „Leistungsberechtigte, deren Akten heute nicht vorliegen, bekommen erst einmal eine Barauszahlung, damit sie nicht ohne Geld dastehen.“

Dagny Lüdemann

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