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Berlin: Wer suchet, der findet: Dönerspieß, Ölbild, Gummipuppe

Was in Berlin liegen blieb, wird am Dienstag im Fundbüro versteigert

Für Manfred Schneider hat jeder Tag etwas von Weihnachten. Heute sind es mehr als 30 Briefe und Päckchen, die er aufmachen darf. Ein großes Paket von der Philharmonie ist auch dabei. Nur dass das, was er auspackt, nicht ihm gehört und diesmal zum großen Teil aus Schlüsseln, Schals und Handschuhen besteht. Manfred Schneider ist Leiter des Zentralen Fundbüros in Berlin. Jeden Morgen sichtet der 34-Jährige die Fundsachen, die aus Polizeiämtern und Meldestellen geliefert werden.

Jedes Jahr werden im Zentralen Fundbüro rund 25000 Dinge abgegeben, die auf der Straße, in Einkaufszentren oder anderswo gefunden werden. „Das meiste sind Schlüssel, aber auch Brieftaschen“, sagt Schneider. Trotzdem ähnelt die Lagerhalle des Fundbüros eher einem Fahrradladen – und sie riecht auch so. Weit über 1000 Fahrräder hängen hier an den Ständern. „Das sind aber nur zwischen 2000 und 2500 Räder im Jahr, knapp ein Zehntel von dem, was wir an Schlüsselfunden bekommen.“

Dem Leiter des Zentralen Fundbüros ist aber auch bewusst, dass nicht alle dieser Sachen wirklich verloren wurden, sondern oft nach einem Diebstahl hier abgegeben werden. So sei es zum Beispiel gerade ein Trend, neue Kinderwagen vor Geschäften zu stehlen und dafür einen alten Wagen hinzustellen. Die landen dann genauso im Fundbüro, wie ein Buddy Bär, der vor einem Jahr gestohlen wurde, dem Dieb dann aber anscheinend doch zu schwer war.

Es werden aber auch viele ungewöhnliche Dinge abgegeben. „Es gibt immer wieder Sachen, bei denen man sich gar nicht vorstellen kann, dass so etwas überhaupt verloren geht“, schmunzelt Manfred Schneider: Es kamen auch schon ein indischer Porzellanelefant, ein Ölbild, Rollstühle, Gummipuppen, eine Motorhaube oder ein Dönerspieß aus Plastik an.

Wie viel in Berlin wirklich verloren wird, sei unmöglich zu sagen. Denn nur ein kleiner Teil aller Verluste wird tatsächlich im Fundbüro abgegeben. Er sei jedoch immer wieder erstaunt, wie viele Menschen ehrlich sind, sagt Schneider. „In den meisten Brieftaschen ist noch Geld vorhanden, manchmal wird auch nur Bargeld abgegeben.“ Aber auch wenn die Berliner noch so ehrlich sind – nur rund ein Fünftel der Sachen kann wieder zurückgegeben werden. Denn wenn Name oder Adresse fehlen, sei es unmöglich, den Verlierer zu ermitteln. Dann müssten die Mitarbeiter des Fundbüros hoffen, dass die Leute sich von alleine melden. „Wir sind aber dabei, eine neue Software anzuschaffen, die das Fundbüro mit Polizeiämtern und Meldestellen verbindet“, sagt Schneider, „damit ist es dann hoffentlich möglich, die Rückgabequote zu steigern.“

Das Schöne an seinem Job sei, die Leute glücklich zu machen. „Wir freuen uns jedes Mal, wenn wir etwas zurückgeben. Es macht einfach Spaß, in dankbare Gesichter zu schauen.“ Manchmal bekommen Scheider und seine Kollegen dann kurze Dankschreiben. Im vergangenen Jahr habe eine ältere Dame sogar einen Blumenstrauß gebracht, weil sie ihre Handtasche wiederbekam.

Aber es gibt auch andere Fälle, in denen sich Besucher alles andere als dankbar gezeigt haben. Schneider: „Einmal wollte uns ein Mann keine genaue Beschreibung eines gesuchten Fahrrades geben. Deshalb konnten wir ihn nicht ins Lager lassen, worauf er uns fürchterlich beschimpfte.“ Es komme auch immer wieder vor, dass Besucher wütend werden, weil sie nicht finden, was sie suchen. „Es macht keinen Spaß, Blitzableiter zu sein."

Kann jedoch innerhalb eines halben Jahres kein Verlierer ermittelt werden, darf der Finder seinen Fund abholen. Verzichtet er darauf, werden die Sachen zur Versteigerung freigegeben. Meist nehmen bis zu 500 Leute auf der Suche nach Schnäppchen an den vierteljährlichen Auktionen teil. „Da geht alles weg, wenn auch manchmal für den Einstiegspreis von fünf Euro.“ Wer also ein billiges Fahrrad oder ein neues Handy sucht, kann sein Glück bei der nächsten Fundsachen-Auktion am Dienstag, den 24. Februar 2004, versuchen.

Zentrales Fundbüro, Platz der Luftbrücke 6, 12101 Berlin. Informationen über Allgemeine Fundsachen werden unter Telefon 7560-3101 erteilt. Schlüssel, Fahrräder, Fahrzeuge: 7560-3102, Papiere, Wertsachen, Technik: 7560-3103.

Janine Rabe

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