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Soziale Träger: Widerstand gegen stärkere Senatskontrolle

Private soziale Träger erhalten im Jahr 2,3 Milliarden Euro vom Senat. Der will die Verwendung nun stärker kontrollieren. Doch bei einer Anhörung zeigte sich, dass die Widerstände groß sind.

Vertrauen ist gut, Kontrolle besser – aber der Senat stößt beim Versuch, die kaum regulierten Geschäfte von sozialen Trägern transparent zu machen, auf Widerstände. Das zeigte die Anhörung von Experten der Korruptionsbekämpfung sowie von Lobbyisten der Sozialbranche im Abgeordnetenhaus am Donnerstag. Sogar von „gestörter“ Kommunikation zwischen Land und sozialen Trägern war in Anwesenheit von Sozialsenatorin Carola Bluhm (Linke) die Rede. Dabei ist zurzeit ungewiss, ob es gelingt, all die Firmen zu kontrollieren, die in Berlin jährlich 2,3 Milliarden Euro Steuergelder für soziale Dienste erhalten.

Die Fraktionen sind sich einig: Mehr Kontrolle ist nötig

Alle Fraktionen sind sich einig, dass mehr Kontrolle nottut. CDU-Experte Gregor Hoffmann etwa meint, dass alle Daten sozialer Unternehmen ähnlich wie die von Aktiengesellschaften im Internet abrufbar sein müssten. Das Land sei gleichsam der Aktionär, denn Steuergelder seien ja die Einnahmequelle der sozialen Träger. Die Fraktionschefin der Grünen Ramona Popp meinte, „der Kodex allein reicht nicht“, freiwillige Angaben und Verpflichtungen seien nur ein erster Schritt. Später müsse wie bei landeseigenen Firmen ein Gesetz her, das Veröffentlichungen vorschreibe. Details über landeseigenen Firmen kann man heute im Beteiligungsbericht nachlesen.

Welcher Vorstand aber veröffentlicht freiwillig seine Bezüge, seine Nebentätigkeiten und möglicherweise die Geschäfte, die er mit sich selbst macht: als Auftraggeber und Chef einer sozialen Einrichtung und als Eigentümer einer Werbeagentur etwa, die den eigenen Auftrag erhält? Das alles will der Senat wissen und jedermann zugänglich machen. Dann könnten Bezirke, Senat und Privatleute prüfen, bei wem der Profit und bei wem der humanitäre Auftrag Vorrang hat.

Transparency International: Ein Kodex kann Kontrolle nicht ersetzen

Doch so, wie sich der Senat bisher um Transparenz bemüht, liegt dieses Ziel noch weit entfernt: „Ein Kodex kann wirksame Kontrolle nicht ersetzen“, sagt etwa Edda Müller, Chefin von Transparency International (TI). Und jeder Verstoß gegen freiwillige Selbstverpflichtungen müsse Sanktionen nach sich ziehen, „sonst bringt das nichts“. Der Blick von TI ist durch die Bekämpfung der Korruption geschärft. Ähnlich sieht es auch Burkhard Wilke vom Deutschen Zentralinstitut für Soziale Fragen (DZI): Die Verpflichtungen aus einem Siegel oder Gütezeichen seien nur etwas wert, „wenn sie von Dritten überprüft werden können“. Das DZI verleiht Vereinen ein Siegel, wenn sie die Verwendung ihrer Spenden transparent machen. Und erkennt es bei Verstößen ab – mit gravierenden Folgen für Spendenaufkommen und Image der Betroffen. Dieses Siegel ist auch das Vorbild für Berlins Initiative.

Der stehen die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege (Liga) zurückhaltend gegenüber. Brüskiert geben sie sich, weil der Senat ihnen auch die Verteilung öffentlicher Zuwendungen an soziale Träger – und deren Kontrolle – entzogen hat. Diese „Rekommunalisierung“ komme teuer zu stehen, warnt Oswald Menninger vom Paritätischen und klagt, er müsse Personal entlassen. Für die FDP ist eh ausgemacht: „Mit der Nichtverlängerung der Liga-Verträge will der Senat von seinem Kontrollversagen bei den Sozialleistungen ablenken.“

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