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Wichtigste Regel bei einer Filmproduktion: Geduld.

© dpa

Wie ein Film entsteht: Einfach mal Durchdrehen

Wie bekomme ich Gelder? Was muss ich beim Dreh beachten? In einem Jahr zum eigenen Film: ein etwas unernster Leitfaden.

TAG 1

Ihr Film beginnt mit einer Idee. Haben Sie keine Ideen, dann kaufen Sie sich welche. Eine gute Bank sind Buchbestseller. Vielleicht finden Sie ja aktuell was mit einem sexuell selbstbewussten Großstadtmädchen, das sich auf dem Lande/an der Uni/im Krankenbett in einen Vampir/einen Bondage-Millionär/einen Bettpfosten verliebt. Aber um eine Option auf so ein Buch zu kaufen, müssen sie erst mal in Vorkasse gehen. Die Buchrechte an „Fifty Shades of Grey“, der berühmten Sado-Maso-Schmonzette von E.L. James, wurden zum Beispiel von Universal für fünf Millionen Dollar gekauft. Daher der Tipp für Füchse: 70 Jahre nach dem Tod des Autors verfällt das Recht am Buch. Dann können Sie den Stoff für umme verfilmen.

TAG 5

Rechte gesichert? Prima. Die Option haben sie in der Regel für 18 Monate. In der Zeit sollte das Drehbuch entstehen. Sie können einen Autor bezahlen oder selbst loslegen. Wir empfehlen Ersteres. Die Entwicklung eines Drehbuches ist bereits förderungswürdig. Die Filmförderungsanstalt (FFA) bezuschusst Erstfassungen mit 10 000 Euro und ganze Drehbücher mit Finanzspritzen von bis zu 30 000 Euro. Der nächste Bewerbungsschluss ist am 15. April – sagen Sie Ihrem Autoren, dass er spätestens dann (vielleicht) sein Geld bekommt.

TAG 37

Besuchen Sie ein paar Partys und betreiben Sie „production dropping“ – schließlich wollen Sie Darsteller, Regisseure und Förderer für Ihr Projekt begeistern.

TAG 64

Haben Sie eigentlich nach Ihrem Autor geschaut? Den immer mal ins Café Einstein einladen – oder notfalls auf eine Currywurst.

TAG 99

Das Drehbuch steht. Und Sie haben sich hoffentlich Gedanken über Regie und Besetzung gemacht. Denn jetzt geht es an die Finanzierung: Zuerst brauchen Sie Fernsehsender. Die öffentlich-rechtlichen Sender haben immer Geld zum Verprassen und die Privaten suchen immer eine Chance, ernst genommen zu werden. Wir empfehlen, bei RTL, Pro7 Sat 1, degeto, arte und der ARD anzufragen. Und zwar überall zugleich.

TAG 130

Der Arthouse-Regisseur hat zugesagt und die adrette Neu-Berliner Nachwuchsschauspielerin ist für die Hauptrolle gebucht. Ausgezeichnet. Es wird Zeit, die Drehorte zu definieren. Hier können Sie die Förderanstalten der Länder schröpfen. Auch wenn der Film nur in Berlin spielt: Seien Sie kreativ beim Location Setting. Legen Sie die Krumme Lanke in den Bayrischen Wald (Geld vom FilmFernsehFonds Bayern), machen Sie den Schwarzwald zum Teufelsberg (Geld von der MedienFilmGesellschaft BaWü) und den Rhein zur Spree (Geld von der Filmstiftung Nordrhein-Westfalen).

TAG 131

Warten.

TAG 157

Und warten.

TAG 183

Und hoffen.

TAG 220

Drehbeginn! Wenn Sie schlank arbeiten, reicht ein Team mit fünf bis zehn Schauspielern und dem Dreifachen an Mitarbeitern. Sie brauchen Leute für Kamera und Ton, die Maske, die Kostüme und für das Setdesign. Vor Ort können Sie jeweils noch Komparsen und Helfer einstellen –  Praktika „beim Film“ sind selbst in Zeiten des Fachkräftemangels noch genug Kleinmädchentraum, um 50 unbezahlte Praktikantinnen unterzubringen. Zumal, wenn es für die noch Fantasietitel wie „Set Assistant Assistant“ zu gewinnen gibt. Wenn keine zickigen Schauspieler dabei sind, sollten 20 Drehtage reichen. Sie können sich ja derweil nach einem Filmverleih umsehen.

TAG 240

Wenn alles im Kasten ist, geht die Arbeit noch mal richtig los: Postproduktion. Veranschlagen Sie zwei Monate für den Bildschnitt (falls sich alle an das Drehbuch gehalten haben, sonst mehr). Danach ein Monat für die Vertonung, gut zwei Wochen für die Mischung und noch mal eine Woche für das Grading. Beim Mischen werden Bild und Ton aufeinander abgestimmt, beim Grading machen Sie die Farben hübsch – und sorgen dafür, dass der Rhein auf der Leinwand wie die Spree aussieht.

TAG 351

Es muss kräftig geworben werden. Sie wissen schon: Bestsellerverfilmung, sexuell befreites Mädchen, Nachwuchsdarstellerin. Bestenfalls hatten sie den Journalisten schon ein paar Insider vom Set souffliert. Nun sollten Sie die Medienmeute zur Premierenfeier einladen und Häppchen servieren.

TAG 365

Ihr Film in die Kinos, ihre Darstellerin in den Klatschspalten, die Fortsetzung des Romans gerade im Buchhandel. Hach. Aber hätte ihr Verleih besser aufgepasst, hätte der Film eine Woche später Premiere gehabt – auf der Berlinale 2014.

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