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Jonni, ein gebürtiger Israeli, lebt zwischen Schischa und Kaktus.

© Petra Zwaka

Wie wohnst Du denn?: Berliner aus aller Welt laden auf ihr Zimmer

Was verrät die persönliche Einrichtung über einen Menschen? Einiges – aber sie kann auch auf falsche Fährten führen. Das zeigen Zimmer, die Berliner aus aller Welt für eine Schau gestaltet haben. Und nun allen zeigen.

In einer Villa an der Schöneberger Hauptstraße wohnen sie alle zusammen: Pegah, deren Eltern aus dem Iran stammen und die sich für Hip-Hop interessiert, Jonni, der gebürtige Israeli und Entertainer sowie Marthe, die aus Ruanda stammt und ein Freiwilliges Soziales Jahr in Deutschland absolviert. Wie in einer großen Wohngemeinschaft – nur, dass das in Wahrheit keine ist. Denn diese jungen Menschen leben nicht wirklich in diesem prachtvollen Bau aus dem späten 19. Jahrhundert. Es handelt sich um ein Jugendmuseum, wo am Donnerstag die Ausstellung „Villa Global“ eröffnet wurde. 14 Räume, die von 15 Menschen individuell gestaltet wurden. Einige haben Erfahrung mit Migration, andere sind Kinder von Einwanderern aus der zweiten oder dritten Generation. „Die ,Bewohner‘ mussten einen Spagat schaffen zwischen der Darstellung von privaten Räumen und einer Ausstellung“, erklärt Petra Zwaka, die Museumsleiterin. Die Zimmer sollen den Besuchern die unterschiedlichen Persönlichkeiten näher bringen, die hinter der Einrichtung stecken. Die Ausstellung soll Kindern und Jugendlichen vermitteln, dass nicht die Herkunft einer Person entscheidend ist, sondern der Mensch im Vordergrund steht.

Die 25-jährige Pegah scheint ihr Zimmer nach genau dieser Maxime gestaltet zu haben. Kaum ein Gegenstand verrät ihre persischen Wurzeln. Auf dem weißen Couchtisch neben dem modernen Sofa liegen Modezeitschriften, ein CD-Player mit Kopfhörern steht auf einer kleinen Kommode. Es läuft deutscher Rap. Das Zimmer einer jungen Frau, wie es im Buche steht. Neben einem Koran liegen Ohrringe in Form eines christlichen Kreuzes. „Ich trage sie, weil sie mir gefallen“, erklärt sie. Von Iranern glaubten immer alle, sie seien Muslime. „Ich glaube an Gott und das war’s erstmal“, sagt sie keck. Sie hat ihr Zimmer absichtlich anders eingerichtet als ihre Eltern, die es klassisch persisch halten.

Sprichst Du afrikanisch?, fragen ihn Fremde

Auf der anderen Seite des Ganges „wohnt“ Jonni. Ein Menora-Leuchter auf dem Wandschrank zeugt von seiner jüdischen Herkunft. Darunter auf dem Fußboden steht eine Schischa. Daneben ein Kaktus. „Ich stehe zu meinen Wurzeln“, sagt der Mitbegründer der Hip-Hop-Show „Rap am Mittwoch“. Die Raumeinrichtung des 36-Jährigen zeigt ein gelbgestrichenes Wohnzimmer mit einer Sitzecke und einem Schreibtisch. An der Wand hängt ein American-Football-Plakat. Als Jugendlicher war Jonni im Verein. „Meine eigene Gang“, scherzt er.

Marthe will mit den Gegenständen in ihrem Zimmer den Besuchern ihre Heimat, Ruanda, näher bringen. Die 24-jährige muss Kindern häufig erklären, dass die Menschen dort Nahrung und Kleidung haben. Außerdem glaubten viele, man spreche „Afrikanisch“ in Ruanda. Dabei ist ihre Muttersprache Englisch. Ein Jahr bleibt sie in Berlin und absolviert ihr Freiwilliges Soziales Jahr im Jugendmuseum. Ihr Zimmer teilt sich Marthe mit der Griechin Theokleia. Sie haben eine gemeinsame Küche gestaltet sowie jeder einen Sessel aufgestellt. Die gemusterte Schale mit Äpfeln darin war Marthes Idee. Sie isst sie hier in Deutschland besonders gerne. Theokleia gehört das eingerahmte Kochbuch an der Küchenwand. Es ist schon seit langem im Besitz ihrer Familie. „Die Museumsmitarbeiter vermitteln mir ein Gefühl von Sicherheit“, sagt Theokleia. Das ermöglicht es ihr, private Erinnerungen mit Ausstellungsbesuchern zu teilen.

Die Ausstellung wird im Jugendmuseum Schöneberg gezeigt, Hauptstr. 40/42, Mo-Do, Sa-So 14-18, Fr 9-14 Uhr.

Alina Rapoport

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