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Berlin: Wieder auf’m Damm

Hunderttausende nutzten die Sonne und vergnügten sich beim Global City Fest – Modeschauen inklusive

Als der Magnet die Kugel loslässt, saust die Richtung Himmel, hinein ins satte Blau, ganz schnell wird sie kleiner, und die Menge unten im Schatten der Nürnberger Straße heult auf, die fliegt jetzt bis zum Mond, aber da kommt sie schon wieder zurück, dreht sich um die eigene Achse, man sieht zwei johlende Menschen, festgezurrt in dicken Gummigurten, dann geht es noch ein paar Mal in den Himmel und zurück, und dann ist der Flug, der „Shot“ heißt, vorbei. Die eine in der Kugel ist eine junge Frau, ihre Freundinnen vor dem Absperrgitter fotografieren sie, sie zeigt den ausgestreckten Daumen, super!, und hat dann doch Mühe, mit dem Zeh ihre zurückgelassenen Flipflops zu angeln. Noch ein paar Fotos, dann sind sie weg. Und weil sich das eben ein Mädchen getraut hat, gehen jetzt junge Männer zur Kasse.

Könnte man da oben gucken, wo die Shot-Kugel einen hinschießt, in 65 Meter Höhe, man würde eine lange Straße sehen, voller Bühnen und Buden, darüber Rauchwolken, davor Menschen. Braungebrannte, rotgebrannte, so sommerlich gekleidet, wie es nur ging. Man hätte den zweiten Tag des Global City Festes auf dem Kurfürstendamm gesehen, Europas größte Open-Air-Modenschau inklusive. Elegantes und Sündiges gab es am späten Sonnabend und am Sonntagmittag zu sehen. Aber auch jenseits des Laufstegs war man chic – überall flatternde Kleider und Schühchen voller Strass. Ganz uneitel dagegen ein Countrysänger in Turnschuhen, zu dessen Musik im Schatten des Bierstandes ein Paar in Jeans, Arm in Arm und in kleinen ordentlichen Schritten, einen Squaredance tanzte.

Die Veranstalter haben weit mehr als eine Million Besucher gezählt, doch die verteilten sich auf der breiten Straße, es wurde nicht gedrängelt, eher geschlendert, und auf der Südseite ist es im Schatten der Häuser angenehm kühl. Dahin wünschte sich vielleicht der junge Mann, der mit der Grillzange in der geballten Faust angriffslustig in seiner Wurstbude stand und auf Kundschaft wartete. Die hatte auf dem Straßenfest allerlei Möglichkeiten, Hunger oder Durst zu stillen. Es wurde sogar gebacken, ein alter Steinofen bullerte vor sich hin, die Preise für warme Brote waren in „Silberlingen“ angegeben. Als Rothenburge Spezialität wurden ein paar Meter weiter „Ballen“ angepriesen, tennisballgroße Eierteigkugeln, die mit Marzipan, Schokolade oder Nougat gefüllt waren. Wer vier kaufe, bekomme eine umsonst, warb ein Schild, stattdessen teilten sich drei Mädchen einen einzigen, in den dann keins reinbiss, weil sie nicht wussten wie. Später zupften sie mit spitzen Fingern in der Spezialität herum und konnten sich nicht einigen, wie die nun schmeckt. Da war ein Vater entschlossener: Als sein Sohn aus dem Kinderwagen heraus auf den Spielzeugstand zeigte, sagte er: „Aber irjendwat, wat keen Krach macht.“ Ob ihm der Karaoke-Gesang der nächsten Bühne im Ohr dröhnte?

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