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Berlin: „Wir werden noch in Jahren die Preise in Mark umrechnen“

Ein halbes Jahr nach der Einführung der europaweiten Währung hat es der Euro zwar in die Portemonnaies, aber noch nicht in Kopf und Herz der Verbraucher geschafft. Viele Berliner rechnen beim Einkauf immer noch in D-Mark um.

Ein halbes Jahr nach der Einführung der europaweiten Währung hat es der Euro zwar in die Portemonnaies, aber noch nicht in Kopf und Herz der Verbraucher geschafft. Viele Berliner rechnen beim Einkauf immer noch in D-Mark um. Woher kommt das, und wie lange wird es noch dauern, bis der Euro auch gefühltes Zahlungsmittel ist? Annette Kögel sprach mit Wolfgang Twardawa, Marketingleiter bei der Gesellschaft für Konsum-, Markt- und Absatzforschung in Nürnberg, über die Psychologie der Preise.

Wann haben Sie selbst zuletzt in D-Mark umgerechnet?

Als ich am Flughafen einen Kaffee bezahlt habe. 2,80 Euro hat der gekostet, 5,60 Mark, das finde ich ganz schön happig. Ich rechne aber nicht nur beim Kaffeetrinken, sondern noch bei den meisten Preisen in die alte Währung um.

So wie Ihnen geht es offenbar den meisten Menschen. Selbst ein halbes Jahr nach Einführung der neuen Währung zahlen wir in Euro, aber denken in Mark. Warum?

Wir sind nun mal mit der D-Mark-Sprache aufgewachsen. Die Bewertung dessen, was teuer und billig ist, basiert auf der gelernten D-Mark-Welt. Bis jeder von uns die neuen Euro-Dimensionen verinnerlicht hat, das wird noch dauern. Das ist ein jahrelanger Prozess.

Gibt es Artikel und Preise, bei denen man als Verbraucher schneller umdenkt?

Bei Dingen, die Sie täglich einkaufen, wird das rascher gehen. Da werden Sie auch bald Ihren neuen Schwellenpreis festlegen: 59 Cent für ein Croissant, mehr zahle ich nicht. Anders ist das bei größeren Anschaffungen. Wenn ich Sie jetzt frage, wie viel Sie für Ihr Auto bezahlt haben oder für ein neues höchsten ausgeben würden – dann nennen Sie bestimmt einen D-Mark-Betrag. Habe ich Recht? Sehen Sie. Und das wird bestimmt auch in zwei Jahren noch so sein.

Zu Jahresbeginn haben Experten aber noch prophezeit, dass sich die Berliner in nur wenigen Wochen an das neue Geld gewöhnen.

Der Mensch ist eben ein Gewohnheitstier, das gilt doch auch für andere Größeneinheiten. Die meisten Autobesitzer reden noch von PS und nicht von KW, wenn man sie nach der Motorstärke ihres Autos fragt. Oder nehmen Sie Lebensmittel. Wer sagt schon Joule – die meisten sprechen immer noch von Kilokalorien. Als die Engländer ihre Währung vor ein paar Jahrzehnten auf das Dezimalsystem umstellten, hat das im praktischen Leben auch Jahre gedauert.

Inwiefern beeinflusst die jüngst ausgebrochene Diskussion um den „Teuro“-Euro unseren inneren Taschenrechner?

Wir haben doch alle Angst, über den Leisten gezogen zu werden. Deswegen rechnen wir bei jeder Kleinigkeit um – und verharren auf diese Weise um so mehr bei den alten D-Mark-Beträgen.

Dann wäre es doch nahe liegend, die Preise in den Geschäften einfach wieder doppelt auszuschildern.

Auf der einen Seite würde das sicher den Einkauf erleichtern. Auf der anderen Seite lernen wir es dann nie. Das müssen Sie sich vorstellen wie im Kino: Wenn Sie dort einen englischen Film mit deutschen Untertiteln sehen, werden Sie sich eher auf diese Einblendungen konzentrieren und nicht darauf, die Fremdsprache zu verstehen.

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