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Berlin: Wowereit: Bekennt euch zu Berlin

Der Regierende fordert im Interview eine „Corporate Identity“ der Bürger dieser „Stadt im Aufstieg“.

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Berlin - Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) appelliert an die Berliner, sich engagierter als bisher zu ihrer Stadt zu bekennen. „In Hamburg schließt man die Reihen bei Angriffen von außen, in München auch“, sagte er im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Die Häme, die es innerhalb Berlins gebe, liefere erst die Munition für diejenigen, „die Berlin Schlechtes wollen“. Die Stadt brauche eine „Corporate Identity“. Das sei die Haltung, an der man arbeiten müsse.

Dazu gehöre, dass bei den Diskussionen über innerstädtische Probleme nicht immer nur Wenigen und Einzelinteressen das Forum überlassen werde, sagte Berlins Regierungschef. „Wichtig ist, dass die Mehrheit der Berliner eine Haltung einnimmt.“ Es sei lange darauf hingewirkt worden, dass sich die Bürger in die Stadtpolitik einmischen könnten. Viele wollten mitreden und gestalten, darüber wolle er sich nicht beschweren. „Das bedeutet aber nicht, dass ich alles gut finde, was die Leute wollen“, sagte Wowereit. Schwierig werde es immer dann, wenn keiner mehr da sei, der noch Allgemeininteressen artikulieren könne. Dieses Korrektiv sei allerdings nötig, „und dazu muss man als Politiker stehen“.

Den Vorwurf, dass Berlin keine eigenen Anstrengungen unternehme, seine wirtschaftliche Situation zu verbessern, hält Wowereit für ein Klischee. „Wir rollen Investoren den roten Teppich aus.“ Doch gebe es kaum andere Städte in der Welt, die aufgrund ihrer Geschichte von der wirtschaftlichen Entwicklung im Rest des Landes so abgekoppelt gewesen seien wie Berlin. Natürlich seien viele soziale Probleme zu lösen. Die Stadt wachse aber und habe eine Perspektive. „Wir sind im Aufstieg.“ Jährlich kämen bis zu 40 000 neue sozialversicherungspflichtige Jobs hinzu, und beim Durchschnittsverdienst der Arbeitnehmer liege Berlin in einem „sehr guten Mittelfeld“.

Der Regierende Bürgermeister lobte solche Bezirke, die „sehr kooperativ und mit offenen Armen Investitionsprojekte begleiten“. In einigen Bezirksämtern gebe es allerdings politisch und ideologisch geprägte Ansichten, aus denen eine restriktive Politik folge. „Da rächt es sich dann, dass der Senat in vielen Fällen kein Durchgriffsrecht mehr hat“, beklagte Wowereit. Ein einheitlicher Standard für ganz Berlin wäre in vielen Fällen sicher richtig. „Eine Stadt wie Berlin sollte bei zentralen Themen eine einheitliche Vorgehensweise sicherstellen können.“ Der Regierende Bürgermeister spielte damit auf die Verwaltungsreform vor 15 Jahren an, die in der Landesverfassung verankert wurde und den Bezirken mehr eigene Kompetenzen verschaffte. Wowereit sieht momentan jedoch keine Erfolgsaussichten, das zu verändern.

Den Ruf Berlins als „Partystadt“ verteidigte Wowereit. Andere Städte bezahlten viel Geld, wenn sie große Events bekommen wollten. „Wir nicht.“ Insofern könne dies nur eine Neiddebatte sein. Berlin habe es nie leicht gehabt, aber trotzdem immer auch ein bestimmtes Lebensgefühl ausgestrahlt, dass man das Leben durchaus genießen könne. „Das ist oft als Party diffamiert worden.“ Die Modebranche beispielsweise, die sich in Berlin etabliert habe, werde von „einigen von außen“ als Glamour kritisiert, sei aber hartes Business und bringe viele Arbeitsplätze.

Die Konflikte um städtebauliche Entwicklungen und steigende Mieten bezeichnete Wowereit als „ Auseinandersetzung, die wir führen müssen“. Er könne zwar verstehen, dass Menschen zunächst ein instinktives Abwehrverhalten gegen etwas Neues zeigten. Doch wenn das benutzt werde, um notwendige Veränderungen zu verhindern, werde es problematisch. „Wir wollen keine Käseglocke, wir wollen nicht, dass alles so bleibt, wie es ist“, sagte er im Interview. Es gebe keinen Anspruch „auf eine konkrete Wohnung in einer meiner Lieblingsstraßen zu einem reduzierten Mietpreis“. Aber es gebe das Bemühen, gemischte Wohnquartiere zu behalten und die Menschen nicht zu vertreiben. Steigende Mieten blieben dann beherrschbar, wenn auch die Einkommen entsprechend stiegen.

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