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Leila Hamid führt die Firma X-Verleih, die Kino-Welterfolge wie „Lola rennt“ und „Cloudatlas“ vertreibt.

© X-Verleih AG

X-Verleih-Chefin Leila Hamid: „Ich war zwei bis dreimal die Woche im Kino“

Ihre Firma vertreibt Kino-Erfolge wie „Lola rennt“ und „Cloudatlas“. Leila Hamid im Porträt in Teil eins unserer Serie „Frauen in der Berliner Wirtschaft“.

Nicht aufgeben, wenn es schwierig wird. Nach Lösungen suchen, wenn Probleme auftauchen – und optimistisch bleiben.

Mit dieser familiären Prägung hat es Leila Hamid, 39, als eine der ganz wenigen Frauen an die Spitze der deutschen Filmverleihbranche geschafft.

Seit vergangenem Jahr ist sie Vorstandschefin der X-Verleih AG. Das Berliner Unternehmen an der Kurfürstenstraße in Schöneberg ist weltbekannt für seine Arthouse-Kinofilme wie „Lola rennt“, „Good-Bye Lenin“, „Oh Boy“, „Cloudatlas“ oder den Oscar-Gewinner „Liebe“.

„Meine Eltern haben immer eine Lösung gefunden – auch, wenn die Dinge mal nicht so gut liefen,“ sagt Hamid.

Für deren Optimismus habe sie ihre Mutter und ihren Vater immer bewundert. Eigenschaften, die sie jetzt als Top-Managerin auch gut gebrauchen kann.

Die Firma sei das vierte Kind ihrer Eltern gewesen, sagt Hamid

Aufgewachsen ist sie in einem Stuttgarter Vorort. Früh bekam sie mit, wie das ist, wenn man Verantwortung für eine Firma hat. Ihr Vater sei ein richtiger „Selfmade-Man“, beschreibt Leila Hamid.

Mit 16 war er ganz allein aus dem Iran nach Deutschland gekommen, lernte später Leilas Mutter, eine Deutsche, kennen, arbeitete mit seiner Frau hart, sie gründeten in Stuttgart ein Messebau-Unternehmen.

Leila und ihre beiden jüngeren Schwestern halfen schon als Kinder mit. Die Firma sei das vierte Kind der Eltern gewesen. „Mein Vater hat viel gearbeitet, musste auch im Urlaub immer mal telefonieren, aber er hat es immer mit viel Freude gemacht“, sagt sie.

Aus dem Wunsch des Vaters, dass seine älteste Tochter nach dem Studium in seine Firma einsteigt, ist nichts geworden. Zwar hat Leila Hamid Medienwirtschaft in Stuttgart studiert, aber sie merkte schon früh, dass die Messebaubranche nicht ihr Ding ist.

Schon als Jugendliche habe sie leidenschaftlich gern Filme geschaut. „Ich war zwei bis dreimal die Woche im Kino“.

Unsere neue Serie „Frauen in der Berliner Wirtschaft“.
Unsere neue Serie „Frauen in der Berliner Wirtschaft“.

© Illustration: Pedro Santos/ TheNounProject; TS

Als Statisten für einen Film der Regisseurin Angelina Maccarone – mit Jasmin Tabatabai in der Hauptrolle – gesucht wurden, ist sie dorthin und habe gesagt: „Ich möchte nicht Statistin sein, aber ich möchte hier mitarbeiten.“ Sie bekam den Job als zweite Regieassistenz. So hat sie die Filmbranche kennengelernt.

Schon damals wurde ihr klar: Am Set „nie wieder“, aber Verleih, Produktion, Marketing – das sind Bereiche, die sie interessierten.

Sie machte das Marketing für „Irina Palm“ oder auch „Die Herbstzeitlosen“

Nach dem Studium wurde ihr ein Job beim hessischen Jugendsender YouFm in Frankfurt am Main angeboten. Dort hat sie erst Kampagnen-Projekte gemacht. Doch die Sehnsucht nach der Filmbranche blieb.

Als X-Verleih in Berlin eine Marketing-Managerin suchte, bewarb sie sich und bekam den Job. „Irina Palm“, „Die Herbstzeitlosen“, „Shoppen“ – für diese und andere Filme machte sie das Marketing, stieg später auf zur Leiterin des Bereichs.

Doch nach sechs Jahren: Stagnation. Leila Hamid sagt: „Ich brauchte was Neues. Ich wollte etwas dazulernen.“ Ohne einen Plan, ohne eine konkrete Idee, kündigte sie. „Wenn ich den Schritt nicht gemacht hätte, hätte ich mich nicht auf etwas Neues einlassen können.“

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Wie so oft in Leila Hamids Leben musste sie den nächsten Job nicht lange suchen. Erneut war es so, dass jemand auf sie zukam und ihr direkt etwas anbot. Sie stimmte zu und arbeitete für die nächsten zwei Jahre für den Verein Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI), organisierte deren großen, traditionellen Ball mit 3000 Gästen und war zudem verantwortlich, das Netzwerk des Vereins, um die Start-up- und Kreativszene zu erweitern. Mit der Aufgabe wuchs auch ihr eigenes Netzwerk.

Als 2015 ihr Sohn geboren wurde, änderte sich nicht nur Leila Hamids Alltag, auch beruflich ließ sie sich ein weiteres Mal auf etwas Neues ein: Sie wurde Geschäftsführerin und sogar Teilhaberin von Port au Prince Pictures, um den Verleih aufzubauen. Als ihr Sohn etwa vier Monate alt war, fing sie an, zweimal pro Woche wieder regelmäßig ins Büro zu gehen.

Die Kinderbetreuung teilen ihr Partner und sie sich gleich auf

Das habe nur funktioniert, weil ihr Partner und sie die Kinderbetreuung gleich verteilt haben, außerdem suchten sie sich als Unterstützung gemeinsam eine Tagesmutter, erzählt Leila Hamid.

Irgendwann habe sie aber gemerkt, dass die anderen Teilhaber und sie in unterschiedliche Richtungen wollten. Und so kehrte sie vergangenes Jahr zurück zum Anfang, nur diesmal ganz nach oben: X-Verleih bot ihr den Vorstandsvorsitz an. „Eine tolle Chance für mich, und ich habe gemerkt, dass ich doch ein X-Kind bin.“

Hier war sie nun verantwortlich für Marc-Uwe Klings Bestseller Verfilmung „Die Känguru-Chroniken“, der Kino-Start Anfang März dieses Jahres mit 500.000 Zuschauern war sensationell. Ein Mega-Erfolg kündigte sich an.

Dann kam die Coronakrise. Der Lockdown. Als „Katastrophe“, beschreibt Leila Hamid die Situation noch immer. Für die Mitarbeitenden wurde Kurzarbeit beantragt. Doch aufgrund der unterschiedlichen Förderungen sei das Unternehmen „durch das Raster für die Soforthilfemaßnahmen gefallen“, beschreibt, Leila Hamid.

Am 2. Juli startet sie die "Känguru-Chroniken" mit einer Einstellung in 3D

Wie schon ihre Eltern damals, ließ auch sie sich offenbar nicht unterkriegen. Vier Wochen arbeitete Hamid mit ihrem Team daran, dass die „Känguru-Chroniken“ statt – wie sonst erlaubt – nach fünf Monaten bereits nach 30 Tagen digital auf Streamingplattformen angeboten werden konnte. Die Ausnahmegenehmigung kam. „Wir haben die Kinos an dem digitalen Erlös beteiligt“, erklärt Leila Hamid.

Und für den 2. Juli, wenn die Kinos in Berlin wieder aufmachen dürfen, gibt es nun eine Besonderheit: „Känguru-Chroniken reloaded“ – der Film kommt wieder, jetzt aber mit einer Einstellung in 3D. Die Krise als Chance – so hat es Leila Hamid früh in ihrem Elternhaus gelernt.

Was Leila Hamid tut, um etwas nur für sich allein zu machen bei all dem Stress? Sie überlegt. Mit der Familie fährt sie immer öfter raus in die Natur, das tut gut. Und manchmal gehe sie vor dem Büro noch allein ins Café, ganz in Ruhe ein Croissant essen. „Aber leider viel zu selten in letzter Zeit.“

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