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Berlin: Zoovorstand Gerald R. Uhlich

Im reich begrünten Verwaltungsgebäude des Zoos drängeln sich die Menschen. Sie wollen Knut in jeder Form und Größe und eine Zoocard, mit der man den kleinen berühmten Eisbären jeden Tag in seiner Adoleszenz bestaunen kann.

Im reich begrünten Verwaltungsgebäude des Zoos drängeln sich die Menschen. Sie wollen Knut in jeder Form und Größe und eine Zoocard, mit der man den kleinen berühmten Eisbären jeden Tag in seiner Adoleszenz bestaunen kann.

Oben im großen Konferenzsaal sitzt mir ein soignierter Herr im dunklen Anzug und weißen Hemd gegenüber, für den die kaufmännische Leitung des ältesten und größten deutschen Zoos – 1841 gegründet – und der wichtigsten Touristenattraktion Berlins ein ganz ungeplanter Zu- und Glücksfall war. Dabei kennt sich Gerald Uhlich, Doktor der Ökonomie, mit Zufällen bestens aus. Als Schüler des Nobel-Laureaten Reinhard Selten in Bielefeld und Bonn war und ist sein Feld die Spieltheorie. Vorherzusagen, welche Züge ein Mitspieler oder Gegner machen wird, sei der Kern strategischen Denkens und Handelns, sagt er. Das hat den gebürtigen Niedersachsen und begeisterten Segelflieger nach seinen Examina zunächst wissenschaftlich interessiert und dann ganz praktisch als Manager in verschiedenen mittleren Unternehmen. Den Ruf an den Berliner Zoo im Sommer 2004 hat er zunächst für einen Scherz gehalten. Aber die Stadt und das „vielschichtige Produkt“ haben ihn und seine Frau gelockt.

Der Zoo ist ein eigenartiges Unternehmen, sagt er. Das Land Berlin halte zwar nur eine Aktie von 4000, aber zwei Sitze im Aufsichtsrat der gemeinnützigen AG. Der Finanzsenator fungiert dort noch als Staatskommissar – wie zu Kaisers Zeiten.

Knut ist ein wahrer Glücksfall für den Zoo und die Stadt. Mit den zusätzlichen Besuchern und den vielen Lizenzen sei bereits ein „siebenstelliger Betrag“ in die Kasse geflossen. Bei einem Jahresgesamtumsatz von 12 Millionen Euro keine Peanuts. Aber der strategisch denkende Ökonom sieht das „Ereignis Knut“ auch als Ergebnis seiner Zielsetzung, den Zoo in der Diskussion über Artenschutz und Klimawandel neu zu positionieren. Dafür hätten sich auch andere der 1429 im Zoo vertretenen Arten und der 13 892 Tiere geeignet – das junge Spitzmaulnashorn zum Beispiel. Aber die in den Medien heiß geführte Diskussion, ob Knut mit Menschenhilfe aufwachsen oder getötet werden soll, habe entschieden.

Von seiner gediegenen Wohnung neben dem Elefantentor kann Uhlig sehen, wie sich seine Strategie in Besucherzahlen niederschlägt. Nur indirekt kann er daraus die künftigen Einnahmen aus Lizenzen, Patenschaften und Nachlässen erkennen. Ein ungewisser, aber verheißungsvoller Spielausgang.

Heik Afheldt war Herausgeber des Tagesspiegels

Gerald R. Uhlich (50)

ist Mitglied des Vorstandes der Zoologischer Garten Berlin AG und des Tierparks Berlin-Friedrichsfelde.

Der Hobbyarchäologe ist Vater von zwei Kindern.

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