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Berlin: Zoulou Bar

Im Winter haben manche Bars einen besonderen Charme. Man flüchtet aus Schneeregen und Matsch in eine warme, schummrige Parallelwelt.

Von Frank Jansen

Im Winter haben manche Bars einen besonderen Charme. Man flüchtet aus Schneeregen und Matsch in eine warme, schummrige Parallelwelt. Musik und Stimmengewirr befreien das Ohr vom kalten Zischen des Autoverkehrs auf nassen Straßen. In so einer Bar gibt es keine Jahreszeit. Ist man drin, ist es wie immer. Außer vielleicht in einem heißen Sommer, der das Verlangen nach elegant drinking auch im Freien weckt. Doch jetzt, in einem dieser grässlichen Berliner Winter, ist die klassische Indoor-Bar nicht zu übertreffen. Und es gibt eine, die dem Warm-und-schummrig-Klischee idealtypisch entspricht. In Schöneberg, an der zugigen Straßenkreuzung Kleistpark.

Der Eingang ist unscheinbar. Als wollte die Zoulou Bar gar nicht entdeckt werden. Seit den 90er Jahren scheint sich in dieser Patina-Höhle nichts geändert zu haben. Dieselben braunen Wände wie damals, dieselben roten Polsterbänke. Immer noch die kleinen quadratischen Tische, der dunkelbraune, mit weißen Lichtstreifen durchzogene Tresen, die runden Stahlrohrhocker und die „Men–Ladies“-Leuchttafel über der Tür zu den Toiletten. Die Wände sind mit Spiegeln und Schwarz-Weiß-Fotografien voll gehängt. Sie werden von altmodischen, schwarzen Schreibtischleuchten bestrahlt, die über die Bilder geschraubt wurden und sich kopflastig nach unten beugen. Auf den Fotos sind amerikanische Alltagsszenen zu sehen – ein Trupp kernig lachender Feuerwehrmänner, schwarze Arbeiter und ähnliche, nostalgisch anmutende US-Motive. Dieses Lokal ist dem Ideal einer American bar verpflichtet, auch wenn der französisch intonierte Name „Zoulou Bar“ eine kolonial verbrämte Afrika-Kulisse erwarten lässt.

Der drinking man war lange nicht mehr hier, obwohl er das Lokal immer mochte. Aber manchmal geraten auch favourites in Vergessenheit. Das wird sich nun ändern. Nicht nur wegen der patinösen Wohlfühlatmosphäre. Der Keeper ist mitschuldig – er umsorgte den ihm unbekannten Gast, erkundigte sich nach der Vorliebe für bestimmte Ingredienzen und blieb dennoch unaufdringlich. Also bekam der drinking man einen Wodka Tai, wie in der Karte annonciert mit dem (eigentlich nicht erforderlichen) Ananassaft. Doch war der Cocktail angenehm fruchtig, als wollte auch er einen Anteil an der Vertreibung winterlicher Gräulichkeit leisten. Dann folgte ein Gimlet, den der Keeper im Widerspruch zur Cocktailkarte ohne Zitronensaft und nur mit Gin und Lime Juice und damit originalgetreu komponierte. Der Winter war jetzt bestimmt schon weiter weg als Cottbus.

Hoffentlich bleibt die Zoulou Bar, wie sie ist. Auch wenn sie nun einem der Betreiber des Mister Hu aus der eher rummeligen Goltzstraße (ebenfalls Schöneberg) gehört. Vielleicht sollte das Bezirksamt die Zoulou Bar präventiv unter Denkmalschutz stellen.

Zoulou Bar, Hauptstraße 4, Schöneberg, Tel.: 70 09 47 37, täglich 20 bis 6 Uhr

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