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Zulassungsstelle: Streik ohne Folgen: Die Arbeit machten die Beamten

Die Beschäftigten der Kfz-Zulassungsstelle wollen mehr Geld und gehen dafür auf die Straße. Bürgermeister Wowereit beteuert, für Tariferhöhungen sei kein Geld da.

Andreas Schmidt ist traurig. „Doppeltes Pech.“ Bei der Überführung seines neuen Autos nach Berlin ist ihm ein anderes Fahrzeug reingefahren. Kein schwerer Unfall, aber immerhin. Ausgerechnet jetzt, wo er das Auto zulassen will, ist Warnstreik in der Kfz-Zulassungsstelle an der Jüterboger Straße. „Wartenummern gibt’s erst ab 13 Uhr“, haben ihm hinterm Eingang zwei junge Männer eines „Zulassungsservices“ gesagt. Dann erst sei der Streik vorbei. Schmidt blickt auf die Uhr, er hat Verständnis für den Streik. Aber es ist 11.20 Uhr, also 20 Minuten nach Streikbeginn. Dann müsse er noch mit drei, vier Stunden Wartezeit rechnen, setzen die Männer einen drauf.

Vorm Eingang haben sich gestern 30 angestellte Beschäftigte der Behörde versammelt, auch Vertreter der Gewerkschaft der Polizei und der Dienstleistunggewerkschaft Verdi. Deren Verhandlungsführerin Astrid Westhoff ist ebenfalls dabei. Sie fordert Tariferhöhungen, wie sie auch Angestellte des Objektschutzes und der Ausländerbehörde am Friedrich-Krause-Ufer verlangen – und dafür fast gleichzeitig streiken. Berlin müsse anderen Städten und Bundesländern folgen, meint sie, höhere Gehälter zahlen, jedem Beschäftigten mindestens drei mal 300 Euro Einmalbeträge für die Jahre seit 2005. Berlin sei eine isolierte Tarifinsel, von einer Tarifmauer umgeben. „Die Mauer muss weg!“, ruft Astrid Westhoff.

Heute will der Senat beraten, der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit dämpft die Erwartungen. Er sehe keine Möglichkeit, den öffentlichen Dienst besser zu bezahlen. Man werde mit den Gewerkschaften reden, doch der Solidarpakt gelte bis 2009 – und dessen Kernpunkt sei: Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst werden erhalten, dafür verzichten Mitarbeiter auf Tariferhöhungen.

Constanze Nowak berichtet, dass sie einen„Multifunktionsarbeitsplatz“ hat, in der Zulassungsverwaltung sitzt, auch Besucher abfertigt. 37 Wochenstunden, seit 2003 keine Gehaltserhöhung, dafür Einbußen von acht Prozent, weil sie vorher 38,5 Stunden gearbeitet hatte. Macht netto 1300 Euro. „Herr Wowereit, auch wir haben Hunger“, rufen Beschäftigte. Kunden müssen sich den Weg zum Eingang bahnen. „Leider dürfen wir die Türen nicht abschließen“, sagt einer der Protestierenden vorm Haus. Denn drinnen arbeiten die Beamten, gut die Hälfte der Belegschaft. Sie hätten Verständnis für die Angestellten, sagen sie, wollen sich aber nicht näher äußern. Der Betrieb sei gestört, aber es gebe durchaus Wartennummern, in einem Nebenraum bei der Information. Das spricht sich auch bei vielen im Haus herumirrenden Kunden herum, die fast alle von dem Streik nicht gehört hatten. Viele Händler sind dabei, mit mehreren Nummernschildern unterm Arm. Das An- und Ummelden geht auffallend zügig. Es sind in der ersten Streikstunde rund 30 Kunden, die sich auf drei Wartebereiche verteilen. Während vorm Haus gestreikt wird, herrscht hier ruhige Geschäftigkeit.

Gut 20 Minuten vor 11 wartet Andreas Schmidt auf die Abfertigung. Er ist froh, doch noch eine Marke erhalten zu haben. Er weiß aus bitteren Erfahrungen, wie lange man hier warten muss. Seine Nummer kommt schon als nächste. „So schnell ging es noch nie.“

Christian van Lessen

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