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Berlin: Zuletzt kam der Kopf auf den Soldaten

Der Rotarmist blickt wieder über das Treptower Ehrenmal

Der rote Autokran zuckt nicht einmal, als er die Last anhebt und sie sacht durch die Luft schwenkt. In knapp fünf Minuten ist das Schwierigste vollbracht: Der Rotarmist vom Treptower Ehrenmal steht wieder auf seinem Sockel – aber zunächst ist er kopflos, nur das gerettete Kind im Arm des Siegers blickt über den stillen Hain und das satte Grün, das die sterblichen Überreste der hier bestatteten 5000 im Kampf um Berlin gefallenen Sowjetsoldaten beruhigend bedeckt. Der über einen Meter hohe Kopf des Kämpfers wird im zweiten Teil der Aktion Denkmalpflege im Treptower Park einige Zeit später auf den Soldatenhals befördert und mit ihm verschraubt. Damit ist der Sowjetmensch, den der Bildhauer Jewgeni Wutschetitsch als zentrale Figur des Treptower Ehrenmals und als Symbol für den Sieg über den Nationalsozialismus schuf, wieder komplett. Pünktlich zur Kranzniederlegung anlässlich der 59. Wiederkehr des Kriegsendes am 8. Mai 1945.

Das Denkmal war 1949 in Leningrad in Bronze gegossen worden. Zuletzt hatte die Standfestigkeit des mit grüner Patina überzogenen Soldaten, dessen Schwert ein Hakenkreuz zertrümmert, Probleme bereitet. Vergangenen November begann die Kur für den heroischen Helden in Samtens auf Rügen; die Firma Metallbau reinigte und restaurierte die Plastik, deren Bronzelegierung hundert Kilo Gold enthält. Risse und Fugen wurden repariert, 2200 Schraubverbindungen erneuert, eine Edelstahlkonstruktion eingezogen. Auf dem Wasserwege kam der bronzene Soldat Nikolai Massalow – nennen wir ihn einfach mal so, denn der Rotarmist mit diesem Namen hatte während der Kämpfe an der Potsdamer Brücke ein weinendes Kind aus dem Kugelhagel gerettet und war so zum Vorbild für die Skulptur geworden – nach Berlin zurück. Die Tour ging über Stettin, den Oder-Havel-Kanal zum Schiffshebewerk Niederfinow nach Treptow.

Gestern kamen zahlreiche Schaulustige, die mit Feldstechern und Kameras die Luftfahrt des Bronzeriesen verfolgten. „Das sieht man nicht alle Tage“, sagt eine Frau und fragt den Bauleiter nach der Masse, die da bewegt wird. „40 Tonnen!“, ruft er, „der Zeh ist platt, wenn der drauffällt.“ Sina Lüdtke von den Metallbauern sagt, der Soldat hätte gleich nach der Wäsche und Glasperlenstrahlbehandlung „geleuchtet wie pures Gold“, aber er sollte aussehen wie damals, als er am 8. Mai 1949 zum ersten Mal da oben stand, also dunkelbraungrau. So kam Patina drauf und eine Wachsschicht. Noch in Arbeit sind die plastischen Schmuckelemente am Sandsteinsockel und die Treppen zur Krypta.

Der Medienauflauf gestern war groß, der junge Reporter vom russischen Fernsehsender RTR wird seinen Zuschauern sagen, dass er es sehr lobenswert findet, wie die Deutschen mit diesem Denkmal umgegangen sind: „Es ist alles pünktlich, sorgfältig und rechtzeitig fertig geworden, mit großem Aufwand und Einsatz. Tolle Leistung!“

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