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Berlin: Zurückbleiben, bitte

Der BVG-Vorstand will Tausende entlassen und den übrigen das Gehalt kürzen. Pro & Contra: Nötige Radikalkur?

Viele BVG-Mitarbeiter sind verzweifelt. „Wenn mein Einkommen um ein Drittel gekürzt wird, weiß ich nicht, wie ich über die Runden kommen soll“, sagt eine Mitarbeiterin. Rings herum werde doch alles teurer. BVG-Vorstandschef Andreas Graf von Arnim will, wie berichtet, nicht nur den Kernbestand der BVG auf 6000 Mitarbeiter halbieren, sondern den verbleibenden Mitarbeitern im „Stammhaus“ und den geplanten Tochtergesellschaften auch das Einkommen um 30 Prozent kürzen, weil das Lohn- und Gehaltsniveau, verglichen mit anderen Betrieben, eben um diese 30 Prozent zu hoch sei.

Dem widersprechen jetzt die Personalvertretung und die Gewerkschaften. In vielen Bereichen sei die Bezahlung bei der BVG sogar schlechter als in der Wirtschaft. So habe die BVG seit Jahren Probleme, Handwerker oder Ingenieure in ihren Reihen zu halten, weil es woanders wesentlich mehr zu verdienen gebe. Und Pförtner oder Boten seien ebenfalls nicht überbezahlt. Eine große Zahl der Beschäftigten erhalte netto nicht mehr als tausend Euro, sagt der Vorsitzende des Gesamtpersonalrats, Uwe Nitzgen. „Wie soll ein solches Einkommen um ein Drittel gekürzt werden können?“, fragt er.

Ein höheres Einkommen als Betriebe in Brandenburg und anderen ostdeutschen Ländern haben dagegen die Busfahrer, wie auch die Personalvertreter zugeben. Doch bereits bei einem Vergleich mit kommunalen Verkehrsbetrieben im Westen Deutschlands schnitten die BVG-Kollegen schlechter ab, so Nitzgen. Fahrer in München oder Stuttgart verdienten mehr Geld als die Berliner.

Auch den Vergleich mit den privaten Busunternehmen lassen Gewerkschafter nicht so einfach gelten. Die ebenfalls von ihnen ausgehandelten Tarifverträge sehen für diesen Bereich ein geringeres Tarifniveau vor als bei den öffentlichen Betrieben. Darauf verweist auch stets BVG-Chef von Arnim. Als es zu den Unterschieden gekommen war, hätten die Privaten ihren Fahrern aber auch Schwarzgeld in einem erheblichen Umfang gezahlt, sagte ein Gewerkschafter. Damit sei das Einkommen lange Jahre sogar höher gewesen. Nur durch die höheren Löhne bei den kommunalen Betrieben sei es deshalb überhaupt möglich gewesen, für Unternehmen wie die BVG Fahrer zu gewinnen.

Inzwischen sei die Gewerkschaft bereit, bei der BVG niedrigere Löhne zu akzeptieren – aber nur bei Neueinstellungen. Denn auch bei den Privaten werde inzwischen nicht mehr mit Schwarzgeld geklotzt, so dass die Einkommen jetzt vergleichbarer seien. Bei dem BVG-Tochterunternehmen Berlin Transport (BT), das Fahrer für Busse, Straßen- und U-Bahnen für das Mutterhaus stellt, hat die Gewerkschaft Tarifverträge unter dem Niveau der BVG abgeschlossen.

Der Einsatz der BT-Fahrer hat auch bereits dazu geführt, dass die BVG-Kollegen weniger Geld erhalten. Die BVG versucht nämlich, die für sie billigeren BT-Fahrer vorzugsweise nachts oder an Sonn-und Feiertagen einzusetzen. So spart sich das Unternehmen die teuren Zuschläge für seine eigenen Fahrer. Auch dies habe bereits zu einem Einkommensverlust geführt, argumentieren die Gewerkschaftler.

Keine Vergleichszahlen nannte von Arnim bisher bei den Beziehern von höheren Einkommen. Dort sind die Gehälter, auch auf Anraten von Beratungsfirmen, in den vergangenen Jahren zum Teil kräftig erhöht worden. Und es wird munter weiter eingestellt. Der Rechnungshof hat jetzt die BVG aufgefordert, die Einkommensentwicklung seit 1993 vorzulegen. Auch an seinen eigenen Gehältern spart der Vorstand der BVG nicht. Das wurde vielfach kritisiert.

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