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Berlin: Zwei Jahre Haft für 1. Mai-Randalierer

Wieder ein schnelles Urteil nach den Krawallen: 29-Jähriger warf am Mauerpark Flaschen auf Polizisten

Sechs Wochen später sitzt Dirk S. ganz brav vor dem Moabiter Schöffengericht. Der 29-jährige Landschaftsgärtner aus Treptow hat in der Nacht zum 1. Mai im Mauerpark mit Flaschen auf Polizisten geworfen. Die nächtliche Randale sei für ihn völlig überraschend losgegangen, sagte S. gestern. Er habe ja gar nicht gewusst, „was am 1. Mai so abgeht“. Als dann die Steine flogen, habe ihm jemand eine Flasche in die Hand gedrückt – „insgesamt drei Flaschen habe ich dann wohl geworfen“, sagte er. Dafür war er wegen schweren Landfriedensbruchs, Widerstands und versuchter gefährlicher Körperverletzung angeklagt und wurde gestern zu zwei Jahren Haft verurteilt. Ohne Bewährung.

Anders als früher geht es in diesem Jahr bei der strafrechtlichen Verfolgung der Randalierer vom 30. April und 1. Mai Schlag auf Schlag. Gegen S. und weitere 55 Tatverdächtige hat die Staatsanwaltschaft Haftbefehl beantragt. Ein 21- und ein 22-Jähriger wurden zu Bewährungsstrafen verurteilt. Die Anklagebehörde habe „Tag und Nacht“ gearbeitet, bereits in mehr als 30 Fällen Anklage erhoben, sagte der zuständig Oberstaatsanwalt.

In diesem Jahr sollen die Videoaufzeichnungen der Polizei besser sein. Damit ist oft auch die Beweislage besser. Auch im Falle von Dirk S., der bis zum Prozess in Untersuchungshaft saß, gab es Aufnahmen. S. war direkt nach den Ausschreitungen zusammen mit 195 anderen Randalierern festgenommen worden. Die Bilder zeigen eine größere Gruppe, aus deren Mitte Flaschen, Steine oder Feuerwerkskörper in Richtung einer Polizeikette flogen. S. war von drei Beamten als einer der Täter wiedererkannt worden, weil er einen auffällig gestreiften Pullover trug. „Ab zehn Minuten vor Mitternacht knallte es nur noch, es war wie ein Feuerwerk“, sagte ein Polizist im Prozess. „Zum Glück trugen wir Helme und Schilder.“

Der Angeklagte sagte, er habe in jener Nacht viel Bier getrunken. „Sonst hätte ich das nicht gemacht.“ Der Oberstaatsanwalt schüttelte nur den Kopf. „Das höre ich eigentlich bei jeder dieser Verhandlungen.“ Mai-Randalierer würden das Ganze immer verniedlichen. „Das ist geradezu pervers.“ Eine Haftstrafe von zweieinhalb Jahren verlangte der Ankläger. „Damit wir ihn nach dem nächsten 1. Mai nicht wieder sehen.“

Die Verteidigerin konterte empört: „Es scheint dieses Jahr in Ihrer Abteilung ein neuer Wind zu wehen, bisher wurden in ähnlichen Fällen Strafen von deutlich unter zwei Jahren verhängt.“ Die Anwältin sprach von einem „gruppendynamischen Prozess“, in den der wegen Beleidigung und Körperverletzung vorbestrafte Angeklagte geraten sei und verlangte eine einjährige Bewährungsstrafe. Das Gericht aber sah keinen Raum für eine Strafaussetzung zu Bewährung. Zwei Jahre Haft ergingen gegen den Randalierer. Bis zur Ladung zum Strafantritt kam er nach dem Urteil gegen Meldeauflagen frei.

Kerstin Gehrke

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