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Berlin: „Zweite Klage ist wahrscheinlich“

CDU-Fraktionschef Zimmer rügt neue Sparbeschlüsse des Senats

NICOLAS ZIMMER

Der 33jährige Jurist ist Fraktionsvorsitzender der Union im Berliner

Abgeordnetenhaus.

Foto: Mike Wolff

DIE AKTUELLE FRAGE

Herr Zimmer, ist der neue Haushaltsentwurf des Senats für 2004/05 aus Ihrer Sicht verfassungsgemäß?

Ich habe große Bedenken. Der vom Landesverfassungsgericht geforderte Sanierungsplan ist nicht erkennbar. Die CDU erwartet vom Senat ein Konzept, das die politischen Schwerpunkte bis zum Beispiel 2010 enthält. Die Bildungspolitik beispielsweise muss elementarer Bestandteil eines solchen Sanierungsprogramms sein. Das sind Zukunftsinvestitionen. Schon die Kürzungen an den Hochschulen laufen dem zuwider.

Den neuen Sparbeschlüsse zufolge wird es im öffentlichen Dienst weniger Neueinstellungen geben. Ist das in Ordnung?

Dazu hat uns das Verfassungsgericht nicht aufgefordert. Natürlich sind die Personalausgaben im Land Berlin insgesamt zu hoch; das ist unstrittig. Aber ich bezweifle, dass der Verzicht auf Neueinstellungen die Berliner Verwaltung zukunftstauglicher und effizienter macht.

Da ist der Senat übers Ziel hinausgeschossen?

Das glaube ich schon. Es war offenbar die einfachste Möglichkeit, Geld zu sparen. Dahinter stecken keine konzeptionellen Überlegungen.

Welche besseren Vorschläge hat der CDU-Fraktionschef?

Die drei Oppositionsfraktionen CDU, FDP und Grüne werden sich für die Haushaltsberatungen im Parlament intensiv abstimmen. Zu den Vorschlägen, die wir machen werden, gehören dann beispielsweise Einsparungen im Kulturbereich. Nicht jede Einrichtung muss institutionell gefördert werden. Ich plädiere in vielen Fällen für die Umstellung auf eine Projektförderung. Auch die Verwaltungsreform wird in den Haushaltsberatungen ein wichtiges Thema sein.

Die Opposition wird tatsächlich mit einer Stimme sprechen?

Es gibt, wie allgemein bekannt ist, keine Koalition in der Opposition. Aber ich habe den Eindruck, dass wir uns mit den Liberalen und Grünen in vielen Dingen schnell einig werden können. Das gilt sicher nicht für die radikalen Forderungen der FDP für Personaleinsparungen. Aber wir verfolgen das gemeinsame Ziel, dem rot-roten Senat deutlich zu machen, wo seine Fehlleistungen liegen. Deshalb haben wir ja auch gemeinsam gegen den Landeshaushalt 2002/03 geklagt.

Erwarten Sie, dass sich die Regierungskoalition in den Etatberatungen ab Januar noch deutlich auf die Opposition zubewegt?

Das ist einfach zwingend. Ansonsten werden wir uns tatsächlich vor dem Landesverfassungsgericht wiedersehen. Die jetzt beschlossenen Einsparungen von 70 Millionen Euro 2004 und 140 Millionen Euro 2005 reichen jedenfalls nicht aus. SPD und PDS werden sich in vielerlei Richtung bewegen müssen.

Wir dürfen uns also jetzt schon darauf einstellen, dass auch der Doppeletat 2004/05 vor dem Berliner Verfassungsgerichtshof landet?

Wenn ich heute eine Prognose abgeben soll, würde ich sagen: Eine zweite Verfassungsklage ist mehr wahrscheinlich als unwahrscheinlich.

Das Gespräch führte Ulrich Zawatka-Gerlach.

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