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Dieses Foto zeigt eine alte Mine in der Nähe des angeblichen Fundortes des Nazi-Gold-Zugs.

© dpa

Panzerzug in Polen: Auf der Suche nach dem Nazi-Schatz

In einem unterirdischen Stollen in Polen soll sich ein Panzerzug befinden. Jetzt schießen Spekulationen ins Kraut. Befindet sich Gold darin? Beutekunst? Historische Dokumente?

Schatzsucher aus aller Welt machen sich dieser Tage nach Niederschlesien auf. Manche buddeln bereits entlang der Bahnlinie von Wroclaw (Breslau) nach Walbrzych (Waldenburg). Dort soll zwischen Kilometer 61 und 65, so berichtet das Breslauer Regionalradio am Freitag, ein gepanzerter Nazi-Zug aus dem Zweiten Weltkrieg tief unter der Erde liegen. Was er enthält, ist unklar. Doch die Legende von mindestens einem Nazi-Goldzug, der Anfang 1945 auf der Flucht vor der Roten Armee aus Breslau vom Erdboden verschwunden sein soll, treibt die Schatzsuche an.

Vor Wochenfrist hatte eine Breslauer Anwaltskanzlei im Namen zweier Schatzsucher bei den Lokalbehörden in Walbrzych zehn Prozent des Fundes gefordert. In der Folge gaben die beiden – ein Pole und ein Deutscher – den Behörden die genauen Koordinaten ihrer Fundstelle bekannt. Laut polnischem Recht gehört der ganze Schatz, falls es sich denn um einen solchen handelt, dem Staat. Die Beteiligungsforderung hat jedoch die Goldgräberstimmung weiter angeheizt.

Polens oberster Denkmalschützer, Piotr Zuchowski, hat inzwischen Nachahmer gewarnt. In dem Zug könnten sich „gefährliche Stoffe aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs“ befinden, sagte er in Warschau. Der Lokalsender „Radio Wroclaw“ berichtet, höchstwahrscheinlich sei der Nazi-Zug vermint. Die Waldenburger Behörden hätten deswegen die Armee um Hilfe gebeten. Vizebürgermeister Zygmunt Nowaczyk hatte am Mittwoch einen großen Fund im Stadtgebiet Walbrzych erstmals offiziell bestätigt, allerdings ohne das Wort „Goldzug“ in den Mund zu nehmen.

Die beiden angeblichen Finder, über deren Identität weiter nichts bekannt ist, wollen einen 120–150 Meter langen, vermutlich gepanzerten Zug mehrere Dutzend Meter unter der Erde geortet haben. Dessen Hebung könnte laut Experten Monate beanspruchen. Jaroslaw Chmielewski, der polnische Rechtsvertreter der beiden Finder, hat im Gespräch mit einem Breslauer Internetportal die Gewinnerwartungen bewusst zurückgeschraubt. Seine Mandanten wüssten nicht, was sich in den Waggons befinde, betonte er. Gleichzeitig schilderte er die beiden Finder als Einwohner Niederschlesiens, denen Prahlerei oder billige Abenteuer fernlägen.

50 Metallkisten sollen sich in dem Panzerzug befinden

Dass sich der Schatz direkt an der Bahnlinie von Wroclaw nach Waldenburg befindet, ist indes kaum anzunehmen. Auf dem Stadtgebiet von Walbrzych gibt es jedoch eine ganze Reihe unterirdischer Stollen. Sie wurden 1943 vom NS-Regime angelegt. Unter dem Codenamen „Riese“ sollten unterirdische Waffenfabriken angelegt werden, die vor einem möglichen Bombardement der Briten geschützt wären. Laut polnischen Schätzungen ist erst ein Drittel dieses Tunnelsystems bis heute erforscht. Ein ganz kleiner Teil davon ist in Walbrzych für Touristen zugänglich. Seit Jahren lockt diese Unterwelt jedoch vor allem Schatzsucher an.

Unter anderem soll ein Nebengleis unterirdisch zur Burg Fürstenberg (heute Zamek Ksiaz), der größten Schlossanlage Schlesiens, gelegt worden sein. Tausende Zwangsarbeiter aus dem nahen Außenlager des KZ Groß-Rosen trieben einen Lift von der Burg in den Felsen und hoben darunter Schutzbunker und geheime Stollen aus. Angeblich sollte das Schloss zu einem möglichen Führerquartier umgebaut worden sein. Nach der Einnahme Waldenburgs durch die Rote Armee wurde das Schloss von den Sowjets geplündert. Dabei sollen auch die Pläne des unterirdischen „Riese“-Komplexes vernichtet worden sein. 1973 wurde das im polnischen Dorf Ksiaz gelegene Schloss ins Stadtgebiet Walbrzych eingemeindet.

Die gängigste polnische Vermutung ist, dass die von dem Rechtsanwalt Chmielewski vertretenen Finder auf den Panzerzug gestoßen sein könnten, mit dem Ende Januar 1945 mindestens 50 Metallkisten in den Raum des heutigen Walbrzych transportiert wurden. Der angeblich aus zwölf Waggons bestehende Zug ist dort erwiesenermaßen nie angekommen.

Doch schießen seit Jahren auch andere wilde Spekulationen in die Luft. Demnach könnte sich in dem „Gold-Zug“ der Nazis gar das verschollene Bernsteinzimmer befinden. Auch von hunderten Kilogramm jüdischen Raubgolds ist die Rede, von den Devisen- und Edelmetallreserven der Deutschen Reichsbank in Berlin oder Beutekunst aus Polen und der Sowjetunion. Nicht zuletzt sollen sich dort auch historisch wertvolle Nazi-Geheimarchive befinden. Kein Wunder, dass Polens Denkmalschützer Zuchowski mit den Händen ringt und meint: „Wir beobachten eine verstärkte Aktivität von Schatzsuchern.“

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