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Am Montag ist das nächste Verfahren um die Anwendung des Neutralitätsgesetzes in den allgemeinbildenden Schulen vor dem Arbeitsgericht anhängig.

© dpa

Religionsfreiheit: Bayerisches Kopftuchverbot für Jura-Referendare ist rechtswidrig

Das Augsburger Verwaltungsgericht fordert ein Gesetz, um religiöse Symbole zu untersagen. Berlin hat es - Bayern nicht.

Kaum war es gesprochen, da löste das Urteil schon Empörung aus. „Wir können das Ergebnis so nicht stehen lassen“, sagte Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) – und kündigte an, in Berufung zu gehen. Gemeint war eine Entscheidung des Augsburger Verwaltungsgerichts, nach der muslimische Juristinnen im staatlichen Vorbereitungsdienst ein Kopftuch tragen dürfen.

Die Ausbildungszeit war für die 25 Jahre alte Aqilah Sandhu schon vorbei, doch an ihrer Klage hielt sie fest. Sie wollte es ein für alle Mal klären lassen, dass Musliminnen, die Richterinnen oder Anwältinnen werden wollen, das Kopftuch nicht einfach verboten werden kann. „Es gibt wenige Länder, die ein so geniales Recht haben wie Deutschland“, sagte die Frau. Ihr Erfolg dürfte sie darin jetzt bestätigt haben.

Das Problem besteht in vielen Bundesländern, in Bayern ist es besonders auffällig: Richter sprechen ihre Urteile unter Kruzifixen, während muslimische Richterinnen im Namen der Neutralität auf religiöse Symbole verzichten sollen. Im juristischen Vorbereitungsdienst versucht man es mit einem Kompromiss. Die Frauen dürfen zwar ihr Kopftuch behalten, sie müssen es aber ablegen, wenn hoheitliche Aufgaben wahrgenommen werden – oder sie lassen sich davon befreien.

In ihrer Ausbildung nach dem Studium, dem Referendariat, üben die angehenden Juristen auch vertretungsweise die Jobs von Richtern und Staatsanwälten aus. Sie tragen Anklagen vor oder vernehmen Zeugen. Religion hat da nichts zu suchen, meinen die zuständigen Dienstbehörden der Referendare, die Oberlandesgerichte (OLG). So verbot auch das OLG München der Klägerin den Stoff. Allerdings ohne Rechtsgrundlage, meinen die Verwaltungsrichter. In Bayern existiere kein formelles Gesetz, das Rechtsreferendare zu weltanschaulich religiöser Neutralität verpflichte, hieß es.

In Berlin gibt es dagegen ein solches Gesetz, das auch Beamte „in der Rechtspflege“ betrifft. Für die juristische Ausbildungszeit sind Ausnahmen möglich, wobei die zuständige Behörde, das Kammergericht, ebenfalls einen strikten Kurs fährt: Musliminnen, die auf ihr Kopftuch beharren, müssen sich von Sitzungsdiensten im Gerichtssaal befreien lassen. Bei der sogenannten Verwaltungsstation in den Ämtern ist mehr Toleranz erlaubt. Trotzdem hatte sich das Bezirksamt Neukölln letztes Jahr zunächst geweigert, die Referendarin Betül Ulusoy zu beschäftigen. Rechtsstreitigkeiten sind in diesem Zusammenhang in Berlin aber noch nicht bekannt geworden.

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