zum Hauptinhalt
Vor Lampedusa ist es erneut zu einer Flüchtlingskatastrophe gekommen.

© rtr

Update

Bootsunglück: Dutzende Tote bei Flüchtlingskatastrophe vor Lampedusa

Rund eine Woche nach dem Unglück mit über 300 Toten ist vor Lampedusa schon wieder ein Flüchtlingsboot gekentert. Erneut kamen viele Asylsuchende ums Leben - darunter auch Kinder. CDU-Vize Julia Klöckner fordert die Einberufung eines europäischen Flüchtlingskongresses.

Inmitten der Debatte um Konsequenzen aus der Bootskatastrophe vor der italienischen Insel Lampedusa sind unweit der Unglücksstelle erneut dutzende Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken. Mindestens 27 Schiffbrüchige kamen ums Leben, als ihr überfülltes Boot 60 Seemeilen vor der Insel kenterte, wie die maltesische Regierung am Freitagabend mitteilte. Die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete gar von rund 50 Toten, darunter etwa zehn Kinder.

"Die Rettungsarbeiten laufen noch“, sagte Maltas Premierminister Joseph Muscat am Abend. Etwa 150 Schiffbrüchige seien von einem maltesischen Schiff aufgenommen worden. Die italienische Küstenwache zog ihrerseits rund 50 Flüchtlinge aus dem Wasser und schickte wie die maltesische Seite mehrere Boote und Helikopter zur Unglücksstelle, die fast schon in libyschen Gewässern liegt.

Nach Angaben der maltesischen Marine war das Schiff in stürmischer See gekentert, als sich die Flüchtlinge an einem Ende des Bootes versammelten, um ein Militärflugzeug auf sich aufmerksam zu machen. Per Satellitentelefon konnten sie einen Notruf absetzen. Die nächtlichen Rettungsarbeiten wurden jedoch durch starke Winde erschwert, wie ein Marinesprecher erklärte.

EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström dankte beiden Mittelmeerländern für ihr rasches Eingreifen und erklärte, sie verfolge die Ereignisse „mit Trauer und Sorge“. „Diese neuen Dramen geschehen, während wir noch die schockierenden Bilder der Tragödie von Lampedusa in unseren Köpfen haben“, fügte sie hinzu.

Bei dem vorherigen Flüchtlingsdrama vor der italienischen Insel waren am Donnerstag vergangener Woche mehr als 300 Asylsuchende aus Afrika ums Leben gekommen. Nur 155 der geschätzt rund 500 Bootsinsassen konnten gerettet werden. Seit dem Unglück wird in der EU heftig über die europäische Flüchtlingspolitik diskutiert.

"Italien und Malta können mit diesem Problem nicht allein gelassen werden“, sagte Muscat nach einem Telefonat mit dem italienischen Ministerpräsidenten Enrico Letta, der seinerseits von einer „dramatischen Bestätigung des Notstands“ sprach. Beide Länder fordern mehr Unterstützung bei der Bewältigung des Flüchtlingsansturms, stehen aber auch in der Kritik wegen ihres Umgangs mit den Hilfesuchenden.

Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner hat ihre Partei angesichts des neuerlichen Bootsunglücks aufgefordert, sich auf das Gebot christlicher Nächstenliebe zu besinnen. „Wir tragen Verantwortung, auch wenn wir keine Küste haben, an der Flüchtlinge stranden“, sagte Klöckner dem Tagesspiegel.

Die aktuellen Geschehnisse seien „ein Wendepunkt“, man dürfe darüber nicht hinweggehen und sich „auf geografische Antworten zurückziehen“. Auch mit der Bekämpfung krimineller Schlepperbanden, wie von Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) gefordert, sei es nicht getan. Dass es solche Banden gebe, sei schließlich „nur ein Symptom für die Lage von Menschen, die um Leib und Leben fürchten“. Weil es keine Patentlösungen gebe, forderte Klöckner erneut die Einberufung eines europäischen Flüchtlingskongresses. „Wir haben eine Verpflichtung zur Hilfe“, sagte sie.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung kritisierte die Bedingungen für Flüchtlinge auf Lampedusa scharf. „Das ist menschenunwürdig, das entspricht nicht den europäischen Standards“, sagte Maria Böhmer (CDU) der „Rheinischen Post“. Italien müsse dringend nachbessern. Bei seinem Besuch auf Lampedusa war am Dienstag auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso von Aktivisten und Anwohnern ausgebuht und beschimpft worden. (afp)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false