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Die niederländische Königin Beatrix mit ihrem Mann Claus im Jahr 1980.

© dpa

Königin Beatrix: Ein Kopf und eine Krone

Königin Beatrix hatte es nicht leicht in Sachen Popularität mit ihrer überaus beliebten Mutter Juliana gleichzuziehen. Dass es ihr dennoch gelang, zeigt das Portrait, das Tagesspiegel-Journalist Rolf Brockschmidt am 27. April 1991 veröffentlichte.

"Von mir aus können wir morgen die Monarchie abschaffen und wieder Republik werden, aber nur unter einer Bedin­gung: Juliana müßte Präsident werden", hatte der große, inzwischen verstorbene, niederländische Kabarettist Wim Kan einmal über seine Einstellung zum Königshaus gesagt. Als Königin Beatrix am 30. April 1980 die Nachfolge ihrer Mutter antrat, gelobte sie bei ihrer Investitur feierlich, dem Vorbild der Mutter "in der neuen Zeit" nachzueifern. Keine leichte Aufgabe, in Sachen Popularität mit der überaus beliebten ehemaligen Landesmutter Juliana gleichzuziehen.

Die Demonstrationen der Monarchiegegner und Hausbesetzer am jenem Tag setzten Akzente, die an die Hochzeit mit Claus von Amsberg 1966 erinnerten. Damals flogen die Rauchbomben aus Protest gegen die Eheschließung mit einem Deutschen, der noch die Uniform der Wehrmacht getragen hatte. Aber stets hatte Beatrix es verstanden, auch die richtigen Worte für Andersdenkende zu finden und auf die sozialen Probleme einzugehen, im eigenen Land und in der Dritten Welt.

Es mag sein, daß viele Zeitgenossen die junge Prinzessin damals unterschätz­ten, als sie gegen die Warnungen des Hofes und der Regierung bekundet hatte, Claus von Amsberg zu heiraten. Eine mutige Tat in einer Zeit, in der zwar schon Millionen deutscher Touristen über die Grenze kamen und der Handel florierte, aber noch kein Staatsbesuch die Beziehungen der bei den miteinander verbündeten Nachbarländer normalisiert hatte. Zu frisch waren noch die Wunden, die der Überfall der deutschen Wehrmacht und die Deportation der Juden ausgelöst hatten. Prinzessin Beatrix hatte ihren Kopf durchgesetzt, wohl wissend, welche Reaktionen sie damit im Land auslösen würde. Wäre sie keine Oranierprinzessin, würde sie bestimmt einmal einen Ministerposten bekommen, schrieb damals ein Parlamentsberichterstatter: "Sie kennt das politische Spiel und liebt es. Eine politische Frau," Beatrix Wilhelmina Armgard, Königin der Niederlande, Prinzessin von Oranien-Nassau, Prinzessin zu Lippe-Biesterfeld, wurde am 31. Januar 1938 in Baarn auf Schloß Soestdijk geboren. Im Mai 1940 ging sie mit ihren Eltern ins Exil nach England und bald darauf mit ihrer Mutter Juliana und ihrer Schwester Irene nach Ottawa, wo sie die Vor- und Grundschule besuchte.

Am 4. August 1945 kehrte sie mit ihrer Familie zurück in die Niederlande. Nach der Reifeprüfung 1956 schrieb sie sich an der Univer­sität Leiden ein und legte dort 1961 das Staatsexamen in Rechtswissenschaft ab.

Bereits am 7. Februar 1956 wurde sie Mitglied des Staatsrates, eines Beratungsgremiums der Regierung, und erhielt eine eigene Apanage. Die junge Prinzessin interessierte sich für soziale Belange ihrer Landsleute, setzte sich vor allem für die Behinderten ein und widmete sich den ehemaligen Kolonien in Übersee.

Seit elf Jahren ist sie nun Staatsoberhaupt der Niederlande, eine überzeugte Europäerin, die als erstes gekröntes Haupt vor dem Europa-Parlament in Straßburg sich für die europäische Einigung eingesetzt hatte. Sie gilt als hart arbeitende Frau, die es mit dem Aktenstudium sehr genau nimmt. Wenn sie jetzt Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen einen offiziellen Besuch abstattet, kann man sicher sein, daß sie über die Probleme der Landwirtschaft und des Maschinenbaus bestens informiert ist. Aber sie hat nicht nur die Ökonomie im Blick. Im vergangenen Jahr sagte sie auf der Hannover-Messe, die Wirtschaft dürfe nicht das Maß aller Dinge sein. In einem vereinten Europa müßten nicht nur die Produkte, sondern auch die Ideen ausgetauscht werden.

Mag Königin Beatrix vielleicht auch nicht die mütterliche Wärme Prinzessin Julianas ausstrahlen, so ist sie doch eine moderne, von der großen Mehrheit ihrer Landsleute respektierte und geschätzte Monarchin, Repräsentantin einer historischen Epoche, in der nationale Gegensätze langsam überwunden werden. Wim Kan wäre gewiß auch mit dieser Königin zufrieden gewesen.

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