zum Hauptinhalt
Nicht bei den Haaren herbeigezogen. Frauen zahlen für gleiche Dienstleistungen oft mehr.

© Jens Kalaene/dpa

Geschlechterabhängige Preisunterschiede: Frauen zahlen mehr als Männer - ist das rechtswidrig?

Friseurbesuche, Reinigung, Kosmetika: Frauen zahlen für gleiche Produkte und Leistungen oft mehr als Männer. Die Kritik daran wächst.

Für Jan Kopatz, Obermeister der Berliner Friseurinnung, ist es keine Diskriminierung, dass Frauen für einen Haarschnitt mehr zahlen als Männer. „Da werden Äpfel mit Birnen verglichen“, meint der Friseur, der seinen Salon am Arnimplatz hat. Der Aufwand sei bei Damenhaarschnitten höher, zudem gebe es andere Schnitttechniken. Deshalb zahle eine Frau mehr als ein Mann – für einen Kurzhaarschnitt im Durchschnitt 12,50 Euro.

Das ist das Ergebnis einer Studie, die am Mittwoch von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes vorgestellt wurde. Frauen müssen demnach für viele Dienstleistungen mehr zahlen als Männer. Die Reinigung von Blusen kostet beispielsweise im Schnitt 1,80 Euro mehr als die von Hemden. Der Aufwand sei eben höher, erklärt der Deutsche Textilreinigungs-Verband den Preisunterschied.

Juristisch ist die Rechtfertigung wackelig

Doch die Rechtfertigung eines erhöhten Preises aufgrund des Geschlechts sei nach Allgemeinem Gleichstellungsgesetz nur „sehr begrenzt möglich“, schreiben die Autorinnen des Berichts, Iris an der Heiden und Maria Wersig, die Präsidentin des Juristinnenbunds ist. Der Preisunterschied müsse sachlich begründet sein und dürfe nicht auf Geschlechterstereotypen basieren. Statt Preise für Damen oder Herren festzulegen, empfiehlt der Bericht, Dienstleistungen „geschlechtsneutral“ anzubieten, also Preise nach Aufwand, Materialkosten oder anderen geschlechterunabhängigen Faktoren zu definieren. „In der Praxis erfordert das ein Umdenken, ist aber machbar“, sagt Christine Lüders, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle. Ein Vorbild sei Österreich, wo Friseure zur Selbstverpflichtung ermuntert werden. Die zwei größten Friseurketten hätten dort Preislisten, die nur nach Art der Leistung unterscheiden.

In der Studie wurden auch die Preise von Alltagsprodukten untersucht. Bei diesen wurden „erfreulich wenige“ Unterschiede festgestellt, so Lüders. Das liegt mit daran, dass bei dieser Studie nur identische oder ähnliche Produkte berücksichtigt wurden, die beispielsweise speziell „für Frauen“ oder „für Männer“ gekennzeichnet werden. Die Unterschiede sind zwar gering, aber umso weniger rational. So kostet eine Packung „weibliche“, pinke Rasierklingen bei Aldi 60 Cent mehr als „männliche“. Der Hersteller gibt „unterschiedliche Eigenschaften“ und „Herstellungspreise“ sowie die „geringere Absatzmenge der Frauenvariante“ als Gründe für den Preis an.

Kritiker fordern Ende der "Tamponsteuer"

Der Bericht empfiehlt, Händler darüber zu informieren, dass das Ergebnis solcher Preissetzungsprozesse „diskriminierungsrechtlich bedenklich ist“. Die Antidiskriminierungsstelle möchte sowohl Händler als auch Kunden für das Problem sensibilisieren. Zudem solle der Gesetzgeber prüfen, wie Preisgerechtigkeit hergestellt werden könne.
Organisationen, die sich für die Gleichstellung einsetzen, kritisieren die preislichen Unterschiede schon lange. Eine Online-Petition gegen die „Tamponsteuer“ hat bereits 33.000 Unterstützer gefunden. Sie fordern, dass Menstruationsprodukte mit einem Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent versteuert werden. Aktuell gelten diese in Deutschland noch als Luxusgüter, dementsprechend werden sie mit 19 Prozent besteuert.
Kenia und Kanada haben dagegen 2015 die Mehrwertsteuer für Hygieneartikel komplett abgeschafft. In der Europäischen Union ist ein Nullsteuersatz gesetzlich nicht möglich. Irland bildet dabei eine Ausnahme: Im Inselstaat wurden schon vor der EU-Verordnung keine Steuern auf Hygieneprodukte erhoben und dabei bleibt es auch. (mit epd)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false