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Gibt niemals auf. Michael Schumacher.

© AFP

Michael Schumacher: Je länger das Koma noch dauert, desto größer ist die Gefahr

Nach mehr als drei Monaten wacht Michael Schumacher langsam auf. Es ist eine ungewöhnlich lange Zeit, die er in diesem Zustand verbracht hat – was Experten dazu sagen.

Michael Schumacher wacht erst nach einer ungewöhnlich langen Zeit aus dem künstlichen Koma auf. Immerhin: Nach Monaten im künstlichen Koma gibt es bei Michael Schumacher jetzt erste Zeichen des Erwachens. „Michael macht Fortschritte auf seinem Weg“, so hieß es gestern in einem offiziellen Statement von Schumachers Managerin Sabine Kehm. „Er zeigt Momente des Bewusstseins und des Erwachens.“ Es ist eine Nachricht, auf die viele gar nicht mehr zu hoffen wagten. Denn seit über drei Monaten liegt der Formel-1-Weltmeister nun schon auf der Intensivstation in Grenoble. Und erst vor zwei Wochen war mitgeteilt worden, der 45-Jährige sei noch nicht aus dem künstlichen Koma erwacht. Ende Januar war erstmals berichtet worden, die Ärzte hätten die Aufwachphase eingeleitet.

Mit dem künstlichen Koma soll bei Michael Schumacher der Stoffwechsel des Gehirns reduziert werden

Wegen des schweren Schädel-Hirn-Traumas, das Schumacher sich am 29. Dezember bei seinem Skiunfall in den französischen Alpen zugezogen hatte, musste er kurz danach ins künstliche Koma versetzt werden. „Nach derart schweren Verletzungen ist das vor allem nötig, um den Stoffwechsel des Gehirns zu reduzieren und dort den Druck zu kontrollieren“, erklärt Steffen Weber-Carstens von der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin der Charité.

Hat die Medien fest im Griff. Seine Managerin Sabine Kehm.

© dpa

Im Einzelfall ist diese Behandlung auf der Intensivstation Wochen bis Monate nötig. Allerdings gilt heute in der Intensivmedizin die Maxime: so lange wie nötig, so kurz wie möglich. Patienten, die nicht mit einer Kopfverletzung auf der Intensivstation liegen, sondern infolge einer schweren Blutvergiftung und des Versagens lebenswichtiger Organe, werden deshalb oft schon nach wenigen Tagen aus dem medikamentösen Tiefschlaf geholt. Denn die Gefahr, dass bei ihnen aus dem schützenden Kokon der Narkose zusätzliche Gesundheitsprobleme entstehen, ist nicht gering. Sie reichen von Entzugserscheinungen nach dem Absetzen der Medikamente über Bewusstseinsstörungen und Orientierungslosigkeit bis hin zu dauerhafter Schwäche der Muskeln und Nerven.

Ein derart langes künstliches Koma wie bei Michael Schumacher ist ungewöhnlich

Nach schwersten Verletzungen von Schädel und Gehirn, wie Schumacher sie nach dem Unfall davontrug, ist das anders. „Die hoch dosierte Narkose ist dann oft über Tage ein wichtiger Bestandteil der Behandlung und dient dazu, den Druck zu senken“, sagt Weber-Carstens. Meist werde aber nach spätestens vier Wochen erstmals versucht, die Narkose herunterzufahren. So war es wohl auch bei Schumacher. Nur wenn der Druck dann abermals steigt, muss die Dosierung wieder heraufgesetzt werden – um das Gehirn zu schützen. Dass das drei Monate dauert, ist allerdings ungewöhnlich.

Auch im günstigeren Fall, wenn auf die Medikamente verzichtet werden kann, könne es anschließend eine gewisse Zeit dauern, bis der Spiegel der Narkosemittel im Körper sinkt, erläutert der Intensivmediziner. Tage bis Wochen der Ungewissheit, in denen niemand so genau weiß, ob der Patient nur wegen der Nachwirkung der starken Narkosemittel nicht bei Bewusstsein ist, oder ob die Verletzungen wichtige Areale des Gehirns dauerhaft geschädigt haben, bis hin zum sogenannten „Wachkoma“. Selbst mit den Mitteln der modernen Bildgebung ist das nicht sicher zu entscheiden.

Je länger es dauert, bis zumindest erste Aufwachreaktionen erkennbar sind, desto schlechter ist allerdings die Prognose, desto geringer sind die Chancen, dass es jemals wieder echten mitmenschlichen Kontakt gibt. „Momente des Bewusstseins und des Erwachens“ ist dabei ein unscharfer, von Medizinern nicht gebrauchter Begriff. Er könnte theoretisch von Körperbewegungen über Reaktionen auf Berührungen und Ansprache durch Angehörige und Klinikmitarbeiter bis hin zum Öffnen der Augen, zu gezieltem Blickkontakt und ersten Versuchen zum Sprechen gehen. „Aber auch ein Patient, dessen Bewusstsein nur minimal erhalten ist, kann Reaktionen zeigen, bis hin zum Öffnen der Augen“, gibt Weber-Carstens zu bedenken. Ein Versprechen, dass alles wieder wird wie früher, ist mit den ersten Zeichen des Erwachens nach einem schweren Schädel-Hirn-Trauma nicht verbunden.

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