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Matthies meint: Nur nichts unternehmen!

Schon wieder Post bekommen. Schon lange nicht mehr so viel Post bekommen, richtige Briefe mit mehreren eng bedruckten Seiten.

Schon wieder Post bekommen. Schon lange nicht mehr so viel Post bekommen, richtige Briefe mit mehreren eng bedruckten Seiten. Und komplett sinnlos. Keine Knöllchen, keine Drohungen vom Finanzamt, nein: Es sind die Sepa-Mitteilungen.

Wer in diesen Wochen keine Sepa- Briefe bekommen hat, der ist entweder tot oder geht noch in den Kindergarten. All diese Briefe haben grundsätzlich den gleichen Inhalt: Der Absender möchte uns darüber informieren, dass aus Gründen der Einführung des einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums (so heißt er wirklich) Kontonummer und Bankleitzahl durch irgendwas anderes ersetzt werden, was sich keine Sau merken kann.

Als normal aufmerksamer Konteninhaber wusste man davon seit geraumer Zeit. Aber die Verfasser der ungezählten Briefe, es sind alle Firmen und Institutionen, denen wir in den letzten hundert Jahren Geld geschickt haben, kümmert das einen feuchten Kehricht. Sie verfallen in bürokratisch verschnörkelte Wortdiarrhö und erbrechen Formulierungen von geradezu heideggerhafter Wirrnis, die vermutlich direkt aus einem Brüsseler Satzbausteinbruch geschlagen und zur weiteren Gratisnutzung an die kontenführende Wirtschaft versandt wurden.

Es hat im Grunde keinen Sinn, darüber zu meckern, weil natürlich jedes Schreiben auf umfassender europäischer Gesetzgebung beruht und als solches unumstößlich ist. Aber der Hammer in jedem Brief ist ja: Alle laufen auf den Satz hinaus, „Sie brauchen weiter nichts zu unternehmen“.

Ja, so doof ist das. All der Aufwand für Porto, Papier, Datenabfragen, Druck und Zustellung läuft auf ein einziges Ziel hinaus: Uns mitzuteilen, dass wir nichts tun müssen; Heideggers Verdacht, alles Seiende könne vielmehr auch nicht sein, erfährt damit einen schlagenden Beweis. Immerhin, wer sich einmal bis zu diesem entscheidenden Satz durchgekämpft hat, der ist frei, die nächsten ähnlichen Schreiben von anderen Firmen ohne vorheriges Lesen in die Tonne zu treten. Sepa-Routiniers empfinden nach einer Weile sogar klammheimliche Freude. Schon wieder ein sinnloser Brief von Leuten, die sonst immer nur Rechnungen, Mahnungen oder Beitragserhöhungen schicken. Fühlt sich richtig gut an!

Dennoch bleibt die Frage, welchem Ziel diese bürokratische Eruption dient. Zweifellos kurbelt sie die Wirtschaft an, verschleißt Drucker und Tonerkartuschen, beschäftigt Rechtsabteilungen, Zusteller und Papiersammler. Allein die damit erwirtschaftete Mehrwertsteuer dürfte ausreichen, Griechenland ein weiteres Jahr über die Klippen der Insolvenz zu tragen, das muss uns der Spaß eigentlich wert sein. Vorschlag fürs nächste Mal: Wenn gleich draußen auf dem Umschlag steht, dass der Inhalt nichts zu bedeuten hat, dann sparen wir wenigstens das umständliche Öffnen.

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