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Die Sewol kenterte Mitte April mit 476 Menschen an Bord.

© dpa

Razzia bei Sewol-Eigner: Polizei sucht mit 6000 Polizisten auf Kirchengelände

Bei einer Großrazzia auf einem Kirchengelände hat Südkoreas Polizei drei Gemeindemitglieder festgenommen. Der Eigner der Sewol, die Mitte April gekentert war, ist untergetaucht. Er gilt als Führer einer Evangelikalen Baptistenkirche.

Auf der Suche nach dem untergetauchten Eigner der vor rund zwei Monaten gekenterten südkoreanischen Unglücksfähre Sewol haben am Mittwoch erneut tausende Polizisten ein Kirchengelände gestürmt. Nach Polizeiangaben waren 6000 Beamte an der Razzia nahe der Stadt Anseong beteiligt. Wie die Nachrichtenagentur Yonhap berichtete, wurden drei Gemeindemitglieder festgenommen, die dem flüchtigen Patriarchen der Eignerfamilie der "Sewol", Yoo Byung Eun, beim Untertauchen geholfen haben sollen.

Nach zehn weiteren mutmaßlichen Komplizen wird demnach noch gefahndet. Der Familie Yoos gehört die Chonghaejin Marine Co., zu deren Flotte die "Sewol" zählt. Nach Yoo wird landesweit gefahndet. Die Behörden setzten eine halbe Million Dollar (knapp 370.000 Euro) für Hinweise aus, die zu seiner Festnahme führen. Der 72-Jährige gilt nach Aussagen ehemaliger Mitglieder als spiritueller Führer der Evangelikalen Baptistenkirche von Korea, einer Kirchenabspaltung mit geschätzten 20.000 Anhängern. Der Kirchen- und Farmkomplex bei Anseong war bereits vor drei Wochen erfolglos durchsucht worden. Medienberichten zufolge soll Yoo ins Ausland geflohen sein.

Kapitän und Besatzung der Sewol weisen Vorwürfe zurück

Am Prozessauftakt gegen den Kapitän und 14 weitere Crewmitglieder hätten am Dienstag in der Stadt Kwangju elf der Angeklagten einschließlich des Kapitäns den Vorwurf von sich gewiesen, die Passagiere im Stich gelassen zu haben, berichtete die nationale Nachrichtenagentur Yonhap. Zahlreiche Angehörige von Opfern des Unglücks waren mit Bussen zum ersten Prozesstag angereist.

Die Sewol war am 16. April mit 476 Menschen an Bord gekentert, nur 174 Insassen konnten gerettet werden. Noch immer gelten zwölf Insassen als vermisst. Die meisten Insassen waren Schüler auf einem Ausflug. Kapitän Lee Joon Seok und drei seiner Untergebenen sind der "fahrlässigen Tötung" in besonders schwerem Fall angeklagt, ihnen droht die Todesstrafe.

Die Ermittler beschuldigen die Angeklagten, das Schiff frühzeitig verlassen und nichts für die Rettung der Passagiere getan zu haben. Im Falle einer Verurteilung wegen Mordes droht ihnen die Todesstrafe. Gegen die elf anderen leitenden Besatzungsmitglieder hatte die Staatsanwaltschaft Anklage unter anderem wegen Fahrlässigkeit erhoben.

Anwälte: Besatzung konnte nichts mehr tun, um Passagiere zu retten

Vor dem Bezirksgericht hätten die Anwälte der Angeklagten argumentiert, dass es unmöglich gewesen sei, weitere Schritte zur Rettung der übrigen Insassen zu unternehmen, da das Schiff auf eine Seite gekippt sei, berichtete Yonhap. Sie hätten nicht die Absicht gehabt, ohne Rücksicht auf die Sicherheit der Passagiere zu fliehen.

Nach Berichten des staatlichen Senders Arirang könnte ein Urteil vor November fallen, wenn die Frist der Untersuchungshaft abläuft. Am 20. Juni soll auch ein Prozess gegen fünf angeklagte Vertreter der „Sewol“-Reederei beginnen, berichtete der Rundfunksender KBS. Sie müssen sich demnach wegen Totschlags und anderer Vorwürfe verantworten. Nach Angaben der Ermittler war die Auto- und Personenfähre zum Zeitpunkt des Unglücks extrem überladen.

Wegen der Katastrophe war die Regierung stark unter Druck geraten. Präsidentin Park Geun Hye hatte sich mehrmals für unzulängliches Krisenmanagement entschuldigt. Ministerpräsident Chung Hong Won trat zurück. Am Dienstag ernannte Park den früheren Journalisten Moon Chang Keuk zum neuen Premierminister. Der Untergang hat auch das Selbstbewusstsein Südkoreas erschüttert. (AFP/dpa)

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