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Der Tugce-Prozess wurde am Montag, den 4. 5. 2015 fortgesetzt. Sanel M. steht wegen Körperverletzung mit Todesfolge vor Gericht. Er soll der 22-jährigen Tugce im November vergangenen Jahres auf dem Parkplatz des Restaurants so heftig ins Gesicht geschlagen haben, dass sie stürzte, mit dem Kopf hart aufschlug und später starb.

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Update

Weitere Aussagen im Prozess um Tugce: Zeugin beschreibt Angeklagten Sanel M. als "höflich"

Im Prozess um den Angeklaten Sanel M. und die getötete 22-jährige Studentin Tugce kommt es vor Gericht in Darmstadt weiter zu widersprüchlichen Aussagen. Fest steht: Jemand lügt – entweder der Türsteher oder Tugces Freundinnen. Eine weitere Zeugin beschreibt Sanel M. als "höflich".

Im Prozess um den Tod der 22-jährigen Tugce Albayrak häufen sich die Widersprüche in den Aussagen der Zeugen. Immer unklarer wird, wie heftig der Streit zwischen der Studentin und dem Angeklagten Sanel M. im Toilettenbereich der Offenbacher McDonald’s-Filiale war. „Ich hatte nicht das Gefühl, dass die Jungs auf die Mädels losgehen wollten“, sagte am Mittwoch ein 29-jähriger Türsteher als Zeuge vor dem Darmstädter Landgericht. Mit seiner Aussage widersprach er klar den Schilderungen, die Tugces Freundinnen im Prozess gemacht hatten. Diese behaupten, der Türsteher und ein anderer kräftiger Freund hätten in den Konflikt eingegriffen und Sanel M. sowie einen von dessen Freunden im Schwitzkasten die Treppe hinauf ins Restaurant gezogen.

Der Zeuge, der in der Tatnacht als Gast in der Offenbacher McDonald’s-Filiale war, beteuerte vor Gericht: „Wir haben die Jungs auf gar keinen Fall angefasst.“ Das sei gar nicht nötig gewesen, da die Jungs um Sanel M. von ganz allein hochgegangen seien. Tugce habe im Mittelpunkt des Konflikts gestanden und sich von Sanel M. und dessen Freunden nichts gefallen lassen, erzählte der Türsteher. „Das leider verstorbene Mädchen sagte: ,Verpisst euch, ihr habt hier nichts verloren!‘ Wir haben die Jungs dann hochgeschickt.“ Eine Drohung des Angeklagten in Richtung Tugce, von der die Freundinnen der Verstorbenen berichtet hatten, habe es nicht gegeben, sagte der 29-Jährige. Überhaupt sei ihm Sanel M. nicht als aggressiv aufgefallen.

Dogus Albayrak, Tugces Bruder, behauptet derweil, der Türsteher habe ihm im Offenbacher Krankenhaus, wo Tugce im Koma lag, selbst vom Schwitzkasten berichtet und bedauert, dass dieses aggressive Verhalten womöglich mit zur Eskalation des Konflikts beigetragen habe. Vom Anwalt der Familie Albayrak damit konfrontiert, bestritt der Zeuge diese Behauptung. Fest steht: Jemand lügt – entweder der Türsteher oder Tugces Freundinnen.

Zahlreiche weitere Zeugen, darunter der Bruder des Türstehers, beschrieben einen Streit, in dem jeder jeden beleidigt habe. „Keine von beiden Gruppen war bereit, Ruhe zu geben“, sagte ein 30-jähriger Offenbacher. „Die Eskalation kam für mich aus dem Nichts“, befand ein 22-jähriger Student, der bei Sanel M.s Schlag auf dem Parkplatz stand. Eine 20-jährige Zeugin beschrieb Sanel M. sogar als höflich: „Er hat mich im McDonald’s darauf aufmerksam gemacht, dass ich meine Tasche offen liegen hatte.“

Sanel M. steht wegen Körperverletzung mit Todesfolge vor Gericht. Er soll der 22-jährigen Tugce im November vergangenen Jahres auf dem Parkplatz des Restaurants so heftig ins Gesicht geschlagen haben, dass sie stürzte, mit dem Kopf hart aufschlug und später starb.

Auf der Fahrt mit dem Rettungswagen musste sich Tugce einmal übergeben

Der Notarzt, der Tugce in der Tatnacht versorgte, sagte am sechsten Verhandlungstag als letzter Zeuge aus und beschrieb eine stabile Atmung sowie einen stabilen Puls bei der jungen Studentin. Mit einer Kompresse hätten die Rettungssanitäter die Blutung aus der Platzwunde am Kopf bereits gestillt. Komplikationen habe es allein beim Versuch gegeben, Tugce einen venösen Zugang zu legen. „Sie war zwar bewusstlos, hat aber auf Schmerzreize reagiert und deshalb den Arm immer wieder weggezogen.“ Letztlich sei es aber nach mehreren Versuchen gelungen, eine Kanüle zu legen. Auf der Fahrt mit dem Rettungswagen in die Klinik habe Tugce sich einmal kurz übergeben. „Den Mund konnten wir nicht säubern, weil sie ihre Zähne stark aufeinandergebissen hat“, sagte der Mediziner. Inwieweit die spätere Notfallversorgung in der Klinik in Offenbach nicht ordnungsgemäß vorgenommen wurde, konnte der Notarzt nicht beurteilen.

Den Anästhesisten, der dies vor kurzem überraschend der Polizei mitteilte, ließ das Gericht für kommende Woche als Zeugen vorladen. An diesem Freitag wird der Prozess mit den Zeugenaussagen mehrerer Polizisten fortgesetzt. Nach vier weiteren Verhandlungstagen wird ein Urteil wird Mitte Juni erwartet.

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