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Alban Sumana Bagbin, Sprecher des ghanaischen Parlaments, spricht im Parlamentsgebäude.

© dpa/Misper Apawu

Update

Anti-LGBT-Gesetz verabschiedet: Ghanas Parlament verschärft Strafen für Homosexuelle

Queere Menschen drohen laut einem neuen Gesetz in Ghana bald noch längere Haftstrafen als bisher. Der Präsident muss noch zustimmen. Bereits jetzt löst die Entscheidung vielfach Entsetzen aus – auch im Bundestag.

Das Parlament im westafrikanischen Ghana hat ein umstrittenes Gesetz über schwere Strafen gegen queere Menschen sowie ihre Unterstützer beschlossen. In dem am Mittwoch verabschiedeten Entwurf, der noch vom Präsidenten des Landes unterzeichnet werden muss, drohen jedem, der sich als LGBTQ+ identifiziert oder homosexuelle Aktivitäten unterstützt, mehrere Jahre Gefängnis.

Präsident Nana Akufo-Addo hatte zuvor erklärt, dass er das sogenannte „Gesetz über menschliche sexuelle Rechte und ghanaische Familienwerte“ unterzeichnen würde, wenn die Mehrheit seines Volkes dies wünsche, hat seine Entscheidung aber noch nicht bestätigt.

Bislang konnte homosexuelle Aktivität – also etwa Sex mit einem Menschen des gleichen Geschlechts – zu einer Gefängnisstrafe von maximal drei Jahren führen. Sollte das neue Gesetz in Kraft treten, kämen Strafen von bis zu fünf Jahren für diejenigen hinzu, die der Förderung, Finanzierung oder Unterstützung von LGBTQ-Aktivitäten verurteilt werden. Auch wer sich bloß als schwul, lesbisch, bi oder queer identifiziert, riskiert mehrere Jahre Haft.

Ghana gilt als sicheres Herkunftsland

Die Exekutivdirektorin des UN-Programms für die Bekämpfung von Aids (UNAIDS), Winnie Byanyima, warnte, dass das Gesetz „den Zugang zu lebensrettenden Diensten behindern, den sozialen Schutz untergraben und den Entwicklungserfolg Ghanas gefährden“ werde.

Menschenrechtler protestieren seit Langem gegen den vor drei Jahren eingebrachten Entwurf, der in Ghana von großen Teilen der Bevölkerung und von christlichen, muslimischen und anderen religiösen Gemeinschaften sowie von traditionellen Führern unterstützt wird. Amnesty International kritisierte den Entwurf als „eine erhebliche Bedrohung für die Grundrechte und -freiheiten von LGBT+-Personen“.

Die ghanaische Professorin Audrey Gadzekpo, Vorsitzende des Ghana Centre for Democratic Development, bezeichnete das Gesetz als „gefährlich und abscheulich“ und als Bedrohung der durch die Verfassung geschützten Menschenrechte.

Besserer Schutz für queere Aktivisten gefordert

Am Dienstag sagte sie, dass die Wahrung von Rechten und Freiheiten für eine Demokratie entscheidend sei. Daher sei die Behauptung der Befürworter des Gesetzes unhaltbar, die Verabschiedung sei gerechtfertigt, weil es von der Mehrheit der Ghanaer angeblich gewollt werde. „Ghana ist ein säkulares und multireligiöses Land.“

Am Donnerstag äußerte sich auch der Grünen-Bundestagabgeordnete Max Lucks gegenüber dem Tagesspiegel zu der Parlamentsentscheidung: „Die Nachrichten aus Ghana bestürzen mich. Aus dem Hassgesetz in Uganda entwickelt sich ein erschreckender Flächenbrand in ganz Afrika. Und wir betrachten ein Land, das solche Gesetze verabschiedet, noch offiziell als sicheren Herkunftsstaat“, schreibt der Obmann im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe in einem Exklusiv-Statement.

Lucks fordert Ghanas Präsident auf, das Gesetz nicht zu unterzeichnen. „Homophobie ist Kolonialerbe. Der Ruf nach sexueller Selbstbestimmung ist keine westliche Einflussnahme, sondern die Einforderung eines Menschenrechts.“

Der westafrikanische Küstenstaat mit gut 34 Millionen Einwohnern ist eine der stabilsten Demokratien des Kontinents. In vielen afrikanischen Staaten wird die Anerkennung der Rechte von queeren Menschen als schädlicher Import aus dem Westen angesehen.

Dabei geht die Kriminalisierung gleichgeschlechtlicher Beziehungen oftmals auf Gesetze aus der Kolonialzeit zurück. Nach Angaben von Human Rights Watch liegen 33 der 69 Länder, die Homosexualität verbieten, in Afrika.

Der Bundestagsabgeordnete Max Lucks spricht sich für personenbezogene Sanktionen gegen diejenigen aus, die das Gesetz in Ghana zu verantworten haben und fordert Unterstützung für queere Aktivist*innen aus dem Land: „Deutschland muss ab sofort Möglichkeiten der Aufnahme und Unterstützung von akut gefährdeten LGBT-Menschenrechtsverteidiger*innen ausloten und diesen Schutz gewähren.“ Außerdem seien verschärfte Reisewarnungen nötig, so Lucks. (dpa/Tsp)

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