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Grün und gesund: Im Wald des Taunus’ lässt sich besonders gute Luft schnuppern.

© Tobias Schormann, picture alliance

Heilklimawandern: Luft wie Champagner

Heilklimawandern stärkt Abwehrkräfte und steigert das Wohlbefinden.

Kein Auto, kein Handyklingeln, kein Surren der Klimaanlage. Nur ein paar hundert Meter vom Hotel wird es ganz still. Hier im Wald hört man nur das Tröpfeln des Regens auf den Blättern. Es riecht nach Moos und Erde, die Luft ist feucht. „Champagnerluft“ nennen Kenner sie. Sie ist ein Markenzeichen der Gegend von Königstein im Taunus. Denn es ist ein heilklimatischer Kurort. Und wer will, kann unter professioneller Anleitung Heilklima-Wanderungen unternehmen.

Zum Beispiel mit der Heilklima-Therapeutin Elizabeth Gabli. Das Prinzip ist einfach, erklärt sie. Bewegung ist gesund. Und Wandern bei Wind und Wetter härtet ab und trainiert die Abwehrkräfte. „Zurück zur Natur“ ist also das Motto. Denn der moderne Mensch bewegt sich zu wenig und sitzt zu viel im Warmen. Moment, aber frische Luft gibt es doch überall? Das schon, aber kein Heilklima. Hier ist die Luft besonders rein, das Klima gut für die Gesundheit, erläutert der Deutsche Heilbäderverband. 50 Orte in Deutschland dürfen mit ihrer guten Luft werben, deren Qualität der Deutsche Wetterdienst begutachtet hat.

Das Besondere in Königstein: Hier hat 2005 der erste Heilklimapark Deutschlands eröffnet. Darin gibt es ein Netz von Wegen, die speziell fürs Heilklima-Wandern vermessen und klassifiziert sind. Schilder zeigen dabei die drei Schwierigkeitsstufen an: grün für gering, gelb für mittel und rot für hoch. Sie geben Hinweise, wie stark der Weg die Wandererbeine fordert. Zudem zeigen sie an, wie sehr der Körper durch klimatische Einflüsse auf der Strecke angeregt wird. Ähnliche Parks gibt es auch am Tegernsee und in Bad Tölz sowie im oberbergischen Nümbrecht.

Soll das gesund sein?

Gut, dann mal los. Vom Waldrand aus führt ein gelb markierter Weg tiefer hinein ins Luftbad. Gleich mal einen Schluck probieren, also einmal tief einatmen und schnuppern: Riecht irgendwie frisch, vielleicht ein wenig nach Kiefernzapfen und Harz. Gut, Champagner kann man nicht direkt herausschmecken. Aber wahrscheinlich ist die eigene Nase einfach nur von Abgasen und Stadtluft verdorben.  Und das soll etwas bewirken?

Elisabeth Gabli
Elisabeth Gabli

© privat, picture alliance

Martina Lehmann glaubt jedenfalls fest daran. Sie lebt seit Jahren hier und geht oft im Wald spazieren. „Da merkt man schon den Unterschied“, sagt sie. Sie kam vor längerer Zeit aus Mainz hierher und hatte zuvor oft mit Nebenhöhlenentzündungen zu kämpfen. „Nach ein paar Tagen hier war das weg.“ Also weiter. Das Tröpfeln nimmt zu. Ja, ruhig mal etwas Regen abbekommen, das regt das Immunsystem an. Puh, das ist jetzt aber die echte Abhärtung: Der Regen pladdert nur so ins Gesicht. Der Weg wird matschig, die Füße nass. Soll das gesund sein?

Also, zurück ins Hotel und unter die warme Dusche. Oder kehren nur Weicheier um? Hätte sich der echte Klimawanderer die Regenjacke ausgezogen und wäre mit freiem Oberkörper weitergegangen?  Nein, erklärt Klima-Therapeutin Gabli später. Kältereize können zwar anregend sein. Wer nasse Füße hat und friert, dem droht jedoch eine Erkältung.

Mist, die Füße sind schon wieder nass

Nächster Tag, neuer Versuch. Heute weht eine frische Brise, die kühle Luft lässt einen kurz frösteln. Recht so, ruhig mal den Wind auf der Haut spüren. An der nächsten Ecke bricht die Sonne kurz durch die Wipfel, das ist gut fürs Vitamin D. Es geht bergauf, der Atem etwas schwerer, der Puls dafür schneller, ein paar Schweißtropfen bilden sich. Prima, da kommt mehr Heilklimaluft in die Lungen. Ob sie schon wirkt?

Eine halbe Stunde später, hier ist alles zugewuchert, der Wald ganz urtypisch. Ein umgestürzter Baum liegt am Weg wie ein Mahnmal: Du solltest dringend mehr für deine Fitness tun, sonst geht es dir wie mir! Zerklüftete Felsen rahmen den Weg, Regenschwaden ziehen vorbei. Es sieht aus wie eine Szene aus einem Romantikgedicht: Eichendorff, Novalis und Co. hätten hier vermutlich ihre helle Freude gehabt. Für die war ja schon damals zurück zur Natur das Motto, und das Rauschen von Regen, Wind und Blättern eine Art Ursprache.

Mist, die Füße sind schon wieder nass. Am Waldrand ein letzter Blick zurück. Noch einmal tief einatmen und die gesunde Luft aufsaugen. Hoffentlich hat sie gewirkt. Okay, Wunder darf man wohl nicht erwarten nach zwei Wanderungen im Heilklima.

Mehr dazu im Internet: heilklima.de (Broschüre zum Download); deutscher-heilbaederverband.de; heilklimapark.eu; nuembrecht.de; kur-koenigstein.de

Tobias Schormann

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