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Ein Polizist, der zur Grenzschutzbehörde Frontex gehört, kontrolliert die Grenze von der Türkei zum EU-Staat Griechenland.

© picture alliance/NurPhoto/Nicolas Economou

Begrenzung der Migration: Frontex-Chef hält Schließung der EU-Grenzen für aussichtslos

Nichts könne Menschen abhalten, eine Grenze zu überqueren, sagt der Chef der EU-Grenzpolizei. Leijtens unterstützt Pläne wie weitere Asylabkommen. Bundesinnenministerin Faeser kündigt solche an.

Die Migration ist in ganz Europa ein Topthema auf der politischen Agenda. Im vergangenen Jahr wurden in der Europäischen Union (EU) mehr als eine 1,1 Millionen Asylanträge gestellt, das waren 17 Prozent mehr als 2022. In Deutschland legte die Zahl (329.120) mit 51 Prozent gegenüber dem Vorjahr (217.774) noch deutlich stärker zu als im europäischen Durchschnitt.

In der EU pochen etliche Staaten wie Österreich oder Ungarn angesichts der hohen Flüchtlingszahlen immer wieder darauf, dass die Außengrenzen besser geschützt werden müssten. Sie fordern beispielsweise, dass Zäune an den Außengrenzen aus dem EU-Haushalt bezahlt werden müssten. Deutschland hat seine Kontrollen an den Grenzen deutlich verstärkt.

Manchmal wird so getan, als könne man schlicht einen Deckel oben auf die Flasche setzen, und dann wird die Migration gestoppt. Aber das ist ein Irrglaube.

Hans Leijtens, Chef der Europäischen Grenz- und Küstenwache Frontex

Der Chef der Europäischen Grenz- und Küstenwache Frontex, Hans Leijtens, macht nun deutlich, dass er Bemühungen, die EU-Außengrenzen weitgehend für Migranten zu schließen, für aussichtslos hält. Manchmal werde so getan, „als könne man schlicht einen Deckel oben auf die Flasche setzen, und dann wird die Migration gestoppt. Aber das ist ein Irrglaube“, sagte der Niederländer der „Welt am Sonntag“.

„Um es deutlich zu sagen: Nichts kann Menschen davon abhalten, eine Grenze zu überqueren, keine Mauer, kein Zaun, kein Meer, kein Fluss“, sagte der Frontex-Exekutivdirektor.

Frontex wurde wegen Vorgehens gegen Migranten kritisiert

„Dieses Gerede von ,Leute stoppen’ und ,Grenzen schließen’ kann nicht ständig unser Narrativ sein“, sagte Leijtens, der seit März vergangenen Jahres im Amt ist. Man könne den Zustrom von Menschen in die EU bloß verlangsamen und ihn besser kontrollieren. „Meine Aufgabe ist es, eine Balance zu schaffen zwischen effektivem Grenzmanagement und Einhaltung der Grundrechte“, so der 60-Jährige.

Leijtens ist Nachfolger des Franzosen Fabrice Leggeri. Dieser war im April 2022 zurückgetreten, nachdem ihm Missmanagement vorgeworfen und er beschuldigt worden war, bei Menschenrechtsverletzungen weggeschaut zu haben.

Leijtens plädierte anstelle von immer neuen Maßnahmen zur Grenzsicherung für Schritte, die so oder so ähnlich bereits in Planung sind: Asylverfahren direkt an den europäischen Außengrenzen, zügige Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber und Vereinbarungen mit Ländern etwa in Afrika.

Nach der Verabschiedung des Gesetzespakets zur erleichterten Abschiebung abgelehnter Asylbewerberinnen und -bewerber kündigte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) den Abschluss von weiteren solcher Migrationsabkommen mit sechs Ländern an.

Faeser kündigt weitere Migrationsabkommen an

Konkret nannte Faeser in den Zeitungen der Funke Mediengruppe die Staaten Moldau, Kolumbien, Usbekistan, Kirgisistan, Kenia und Marokko. Mit diesen sei die Bundesregierung derzeit „in guten Gesprächen“.

In den Migrationsabkommen geht es um die Bereitschaft der Herkunftsstaaten von Asylbewerberinnen und -bewerbern, eigene Staatsbürger wieder zurückzunehmen, wenn diese in Deutschland nicht als asylberechtigt anerkannt werden.

Faeser wies darauf hin, dass mit Georgien bereits ein solches Abkommen unterzeichnet wurde. Teil solcher Abkommen können auch erleichterte legale Einreisemöglichkeiten nach Deutschland für Fach- und Arbeitskräfte aus den betroffenen Ländern sein.

Sie setze sich dafür ein, dass die Umsetzung der europäischen Asylreform schnell erfolge, fügte sie hinzu.

„Dann müssen alle Ankommenden an den europäischen Außengrenzen registriert werden. Dort werden auch Asylverfahren stattfinden für diejenigen, die nur eine geringe Aussicht auf Schutz haben. Und endlich kommen wir zu einer Verteilung in der EU. Das führt gerade in Deutschland zu einer Entlastung.“ (lem)

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