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Petteri Orpo reist zum Antrittsbesuch nach Berlin.

© IMAGO/Lehtikuva/IMAGO/Antti Aimo-Koivisto

Finnlands Ministerpräsident zu Besuch in Berlin: Petteri Orpos Flirt mit den Rechten

Finnlands neuer konservativer Regierungschef Petteri Orpo stützt sich auf ein Bündnis mit den „Wahren Finnen“, die sich oft rassistisch äußern. Kann diese Koalition Bestand haben?

In sein neues Amt muss sich Petteri Orpo kaum einarbeiten. Bereits 2017 war der neue finnische Ministerpräsident zwei Jahre lang Stellvertreter des damaligen Regierungschefs, seit mehr als 15 Jahren sitzt er im Parlament in Helsinki.

Der 53-Jährige hat in der Politik Karriere gemacht. „Ich bin Berufspolitiker und stolz darauf“, sagt Orpo über sich selbst.

Er war Landwirtschaftsminister, wurde später Innen-, dann Finanzminister. Im April dieses Jahres dann der Höhepunkt: Bei den Parlamentswahlen verwies er die vor allem im Ausland beliebte Sozialdemokratin und bisherige Ministerpräsidentin Sanna Marin auf den dritten Platz.

Ich bin Berufspolitiker und stolz darauf.

Petteri Orpo, Finnlands aktueller Ministerpräsident

Mit ihm an der Spitze wurde seine konservative Partei nicht nur stärkste Kraft – sie erzielte auch das beste Ergebnis seit 2007. Am Freitag kommt er zum Antrittsbesuch nach Berlin.

Im Sparen herrscht Einigkeit zwischen den Partnern

Der Weg an die Macht war für Petteri Orpo gerade in den vergangenen Wochen kein leichter. Die Koalitionsverhandlungen zogen sich ungewöhnlich lange hin.

Auch, weil Orpo statt auf ein breites Mitte-Bündnis mit den Genoss:innen um Marin lieber auf eine rechtskonservative Regierung mit der Rechtsaußenpartei „Die Wahren Finnen“ setzte – und davon die beiden Juniorpartner im Viererbündnis überzeugen musste.

Der 53-Jährige gilt aber nicht nur als gewiefter Verhandler, sondern auch als ausgesprochen pragmatisch. In Politikfeldern, die ihn wenig interessieren, ist er kompromissbereit, nicht aber in Wirtschaftsfragen.

Im Wahlkampf kritisierte er wiederholt die Geldpolitik der links-grünen Vorgängerregierung. Daran, dass Finnlands Schulden auch in seiner dreijährigen Amtszeit als Finanzminister gestiegen sind, möchte er nicht erinnert werden.

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Milliarden Euro will Petteri im Staatshaushalt einsparen.

Dennoch versucht er erneut, den Staatshaushalt zu sanieren – vier Milliarden Euro sollen eingespart werden. Finanzpolitische Reformen dieser Größenordnung wären mit keiner anderen Partei möglich gewesen.

Wird ihm der Zusammenschluss mit den Rechten zum Verhängnis?

Mit der Wahl seines Bündnispartners beweist Petteri Orpo daher nicht nur seinen Pragmatismus, sondern auch, wie ideologisch „flexibel“ seine Partei in der Partnerwahl geworden ist.

In den ersten Wochen seiner Regierungszeit ist Orpo vor allem mit sich selbst beschäftigt – und mit der Vergangenheit des rechten Koalitionspartners. Sein Wirtschaftsminister musste nach zehn Tagen wegen früherer Verbindungen zur Neonaziszene zurücktreten.

Wegen Rassismus und Antisemitismus: Nur zehn Tage nach seiner Vereidigung als Wirtschaftsminister musste Vilhelm Junnila zurücktreten.

© AFP/Eeva-Maria Brotherus

Seine Stellvertreterin soll mit rechten Verschwörungstheorien sympathisieren und sich 2008 auf Blogs rassistisch geäußert haben. Der ebenfalls von Orpos Konservativen gewählte Parlamentspräsident ist bereits wegen rassistischer Hetze verurteilt worden.

Petteri Orpo fällt trotz dieser innenpolitischen Beben vor allem durch Weghören und Wegsehen auf. Zwar verurteilt er „alle Formen von Rassismus“, doch von seinen Kabinettskolleg:innen distanziert er sich nicht.

Sonst müsste er wohl zugeben, dass der Regierungsflirt mit den Rechten womöglich ein Fehler war – und dass der Aufstieg vom Berufspolitiker zum Regierungschef Finnlands vielleicht nicht von Dauer sein wird.

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