zum Hauptinhalt
Nawalny während der Anhörung neben seinen Anwälten.

© dpa/AP/Alexander Zemlianichenko

Update

Nach Verurteilung zu 19 Jahren Straflager: Nawalny ruft Russen zu Widerstand gegen Putin auf

Zu neun Jahren Haft war der Kreml-Kritiker bereits verurteilt. Nun wurde direkt im Straflager ein weiteres Urteil gesprochen.

| Update:

Nach seiner neuen Verurteilung zu 19 Jahren Haft Gesamtstrafe im Straflager hat der Kremlgegner Alexej Nawalny an den Mut der Russen zum Widerstand gegen Präsident Wladimir Putin appelliert. „Putin sollte seine Ziele nicht erreichen. Verliert nicht den Willen zum Widerstand“, sagte Nawalny am Freitag nach dem Richterspruch in seinem Straflager.

Dort hatte das Moskauer Stadtgericht einen Verhandlungssaal eingerichtet und den Oppositionsführer wegen angeblichen Extremismus zu 19 Jahren Straflager verurteilt - unter Anrechnung seiner bisherigen Strafe von neun Jahren Haft.

„19 Jahre in einer Kolonie mit einem besonderen Regime. Die Zahl spielt keine Rolle. Ich verstehe sehr gut, dass ich, wie viele politische Gefangene, eine lebenslange Haftstrafe verbüße“, sagte er. Lebenslang beziehe sich dabei entweder auf die Dauer seines eigenen Lebens oder die „Lebensdauer dieses Regimes“.

Nawalnys Team hatte stets gesagt, dass er so lange nicht in Freiheit komme, wie Kremlchef Putin an der Macht bleibe. Das Strafmaß sei nicht für ihn selbst gedacht, betonte Nawalny, sondern richte sich gegen die Menschen, um ihnen Angst zu machen.

„Sie wollen Euch dazu bringen, Euer Russland kampflos dieser Bande von Verrätern, Dieben und Schurken zu überlassen, die die Macht an sich gerissen haben“, sagte er laut der in sozialen Netzwerken verbreiteten Nachricht.

Seine Unterstützer kritisieren, dass der Prozess nicht vor dem Moskauer Stadtgericht, sondern direkt in Nawalnys Strafkolonie im 260 Kilometer von Moskau entfernten Melechowo abgehalten wurde.

Dort versammelten sich vereinzelt Aktivisten, um den Oppositionsführer zu unterstützen. Nawalny wird nach Berichten seines Teams durch unmenschliche Haftbedingen und Dauerisolation gefoltert.

Alexej Nawalny ist der prominenteste russischer Oppositionspolitiker.

© dpa/Alexander Zemlianichenko

Nawalny gilt als politischer Gefangener. Der schärfste Gegner von Kremlchef Putin nahm das Urteil im Stehen gelassen und kämpferisch auf. Er hatte das Strafmaß erwartet. Die Staatsanwaltschaft hatte 20 Jahre Haft beantragt.

Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch erklärte auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur, dass mit dem Urteil die Gesamtlänge der Haftdauer gemeint sein sollte; also die neun Jahre Straflager, zu denen Nawalny bereits verurteilt wurde, mit eingerechnet seien. Es bleibe aber das schriftliche Urteil abzuwarten, sagte sie am Freitag.

In guter „moralischer und physischer Verfassung“

Nawalny sei wie ein „König“ lächelnd ohne Fesseln allein in den Saal gekommen, kommentierten seine Mitarbeiter, die sich im Exil in der EU aufhalten, bei einer Livesendung bei Youtube. Sein Bruder Oleg Nawalny, der selbst schon inhaftiert gewesen war, sagte dass Alexej in guter „moralischer und physischer Verfassung“ sei.

Menschenrechtler weisen immer wieder auf die angeschlagene Gesundheit Nawalnys hin, der im Sommer 2020 nur knapp einen Nervengiftanschlag überlebte.

Nawalny wirft dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB und Präsident Wladimir Putin vor, hinter dem Mordanschlag vor drei Jahren zu stecken. Der Kreml dementiert das. Nach einer Behandlung in Deutschland kehrte Nawalny damals in seine Heimat zurück. Noch am Flughafen wurde er festgenommen.

Russland führt seit mittlerweile mehr als 17 Monaten einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine. In diesem Zeitraum hat die russische Führung auch im eigenen Land Repressionen gegen Kritiker massiv verstärkt.

Neben Nawalny sind in russischen Straflagern noch zahlreiche weitere Oppositionelle inhaftiert, die international als politische Gefangene eingestuft werden. Erst vor wenigen Tagen etwa wurde gegen Wladimir Kara-Mursa das harte Urteil von 25 Jahren Straflagerhaft bestätigt. Es ist die bisher höchste Haftstrafe gegen einen Regierungskritiker in Russland. (dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false