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Weltweit werden wieder deutlich mehr Menschen hingerichtet, auch im Iran (Archivbild).

© imago images/ZUMA Wire/imago stock

Neuer Amnesty-Bericht: Zahl der Hinrichtungen nimmt weltweit deutlich zu

Die Zahl der Exekutionen sind im vergangenen Jahr um 50 Prozent gestiegen. Vor allem in Saudi-Arabien und dem Iran wurden mehr Menschen hingerichtet. China ist nach wie vor auf Platz 1.

Von 591 auf 883: Die Zahl der Exekutionen hat 2022 deutlich zugenommen – um mehr als 50 Prozent. Es ist die höchste Zahl seit 2017; vor allem in Saudi-Arabien und dem Iran wurden deutlich mehr Menschen hingerichtet. Auch in den USA wurden wieder mehr Straftäter exekutiert. Dort stieg die Zahl von elf Fällen (2021) auf 18. Das geht aus dem neuen Bericht von Amnesty International zur weltweiten Anwendung der Todesstrafe hervor.

Dazu kommen Tausende vollstreckte Todesurteile in China, deren genaue Zahl die Kommunistischen Partei geheim hält. Aber es gibt auch Staaten, die sich von dieser Bestrafungsart verabschieden.


China

Die Daten zu den vollstreckten Todesstrafen sind in China Staatsgeheimnis – dennoch geht die Menschenrechtsorganisation davon aus, dass das Land auch 2022 am meisten Exekutionen durchgeführt hat.

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„Die verfügbaren Informationen deuten darauf hin, dass jedes Jahr Tausende von Menschen in China hingerichtet und zum Tode verurteilt werden“, heißt es in dem Bericht. „Amnesty International fordert die chinesischen Behörden erneut auf, Angaben über den Einsatz der Todesstrafe im Land zu publizieren.“

Im China unter Machthaber Xi Jinping ist die Zahl vollstreckter Todesurteile ein Staatsgeheiminis.
Im China unter Machthaber Xi Jinping ist die Zahl vollstreckter Todesurteile ein Staatsgeheiminis.

© Foto: Reuters/Athit Perawongmetha

Drogendelikte, Wirtschaftskriminalität und Korruption werden in der Volksrepublik mit Todesstrafe geahndet. Die gängigen Hinrichtungsmethoden sind Erschießen und Giftinjektion. Wer vor Gericht landet, kann nicht mit einem fairen Verfahren rechnen. Chinas Justiz ist nicht unabhängig ist, Parteizellen in den Gerichten haben oftmals mehr Einfluss als Richter.

Paraden mit den Verurteilten oder öffentliche Prozesse gibt es anscheinend immer seltener, teilweise aber doch – wohl zur Abschreckung. So ging 2017 ein Video um die Welt, das zeigte, wie Tausende Chinesen in der Provinz Guangdong in einem Sportstadion dabei zusahen, wie zehn Menschen wegen Drogenhandels zum Tode verurteilt und zur Urteilsvollstreckung abgeführt wurden.

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Iran und Saudi-Arabien

Wenn es um Repression im Nahen Osten geht, dann ist schnell vom Iran und Saudi-Arabien die Rede. In beiden Ländern werden als verbindlich geltende Menschenrechte missachtet – und Verurteilte zu Hunderten hingerichtet. Nach Recherchen von Amnesty wurden im Iran vergangenes Jahr 576 Todesurteile vollstreckt (262 mehr als 2021), in Saudi-Arabien 196 (dreimal mehr als 2021).

Besonders häufig ließen die staatlich kontrollierten Justizbehörden Menschen hängen oder köpfen, die wegen Mordes und Drogendelikten angeklagt waren. Amnesty geht davon aus, dass die meisten Gerichtsverfahren mit Fairness und Rechtsstaatlichkeit nichts zu tun hatten.

Irans Machthaber versuchen, die Protestbewegung mit allen Mitteln – einschließlich Hinrichtungen – einzuschüchtern.

Guido Steinberg, Nahostexperte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik.

Die Organisation hebt in ihrem Bericht zudem hervor, dass gerade im Iran die Todesstrafe als Mittel der politischen Unterdrückung eingesetzt werde. „Unverhältnismäßig“ oft würden auch Angehörige ethnischer Minderheiten hingerichtet. Diese Methode der versuchten Abschreckung dürfte gerade im Herbst 2022 von den Machthabern genutzt worden sein.

Unter Irans Präsident Raisi hat die Repression im Land deutlich zugenommen.
Unter Irans Präsident Raisi hat die Repression im Land deutlich zugenommen.

© IMAGO/ZUMA Wire/IMAGO/Iranian Presidency

Nach dem mutmaßlich gewaltsamen Tod der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini – sie starb in Polizeigewahrsam – kam es monatelang zu landesweiten Protesten gegen das Regime. Die Herrscher reagierten darauf mit mörderischer Gewalt. Hunderte Demonstranten kamen ums Leben, Tausende landeten im Gefängnis. Einige Aufständische wurden wegen Vergehen wie „Krieg gegen Gott“ oder „Korruption auf Erden“ gehängt.

Für Guido Steinberg, Nahostexperte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, ist das Vorgehen des Regimes ein Zeichen von Schwäche. „Die Machthaber versuchen, die Protestbewegung mit allen Mitteln – einschließlich Hinrichtungen – einzuschüchtern. Nicht zuletzt auch in dem Wissen, dass sich die Unruhen wieder verschärfen könnten, weil die wirtschaftliche Situation im Land so desaströs ist und wohl wegen der Sanktionen bleiben wird.“

In Saudi-Arabien hat sich die Zahl der Hinrichtungen verdreifacht. Offiziell wurden 2022 insgesamt 196 Todesurteile vollstreckt – die höchste Zahl seit drei Jahrzehnten. Allein an einem Tag Mitte März ließ die Staatsmacht 81 Menschen enthaupten.

Einigen der Hingerichteten war Mord und Terrorismus vorgeworfen worden, anderen „Störung des sozialen Gefüges und des nationalen Zusammenhalts“ oder „Teilnahme an und Anstiftung zu Sitzstreiks und Protesten“.

Der saudische Kronprinz bin Salman hat seinem Land Reformen verordnet, aber will politische Freiheiten nicht dulden.
Der saudische Kronprinz bin Salman hat seinem Land Reformen verordnet, aber will politische Freiheiten nicht dulden.

© AFP/-

Thronfolger und De-facto-Herrscher Mohammed bin Salman hat zwar dem erzkonservativen Königreich einen historischen Reformkurs verordnet. Doch die sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Freiheitsrechte enden offenkundig dort, wo die Herrscher Opposition für möglich hält.

„Die Monarchie will unbedingt klarstellen, dass es keine Form politischer Neuerung akzeptiert“, sagt Experte Guido Steinberg. Die Repression in Saudi-Arabien sei auch deshalb noch viel härter, umfassender und kompromissloser geworden.

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Wer die Todesstrafe abgeschafft hat

Zugleich gab es 2022 auch positive Entwicklungen. Kasachstan, Papua-Neuguinea, Sierra Leone und die Zentralafrikanische Republik haben die Todesstrafe für alle schweren Vergehen im vergangenen Jahr bereits abgeschafft; in Äquatorialguinea und Sambia geschah dies für gewöhnliche Verbrechen.

Liberia und Ghana leiteten immerhin Schritte zur Abschaffung der Todesstrafe ein; Sri Lanka und die Malediven wollen künftig auf die Vollstreckung von Todesurteilen verzichten, in Malaysia haben beide Kammern des Parlaments Gesetzesentwürfen zur Abschaffung der obligatorischen Todesstrafe zugestimmt.

Im Dezember unterstützte bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen eine noch nie dagewesene Anzahl von 125 Mitgliedsstaaten eine Resolution, die die Einführung eines weltweiten Hinrichtungsmoratoriums und die vollständige Abschaffung der Todesstrafe fordert.

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