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Der Sturz des Diktators? Darauf hoffen viele Syrer, die unter dem Regime leiden.

© dpa/Anas Alkharboutli

Proteste gegen Assad: Warum der syrische Despot bisher nicht um seine Herrschaft fürchten muss

Tausende Syrer demonstrieren gegen das Regime. Das erinnert an den Beginn des Aufstands vor zwölf Jahren. Doch die Lage ist eine andere als zu Zeiten des Arabischen Frühlings.

Ein Kommentar von Christian Böhme

Die Wut ist groß. Der Frust ebenso. Und die Forderungen ähneln denen, die Hunderttausende Syrer schon 2011 skandierten. Seit Tagen wird mit Sprechchören Assads Rücktritt gefordert.

Rufe wie „Weg mit dem Regime“ oder „Hau ab, Baschar“ sind in vielen Orten des Landes zu hören. Sogar in alawitisch geprägten Hochburgen des Regimes macht sich Unmut breit.

Das Volk begehrt gegen den Diktator auf. Das zeugt von Entschlossenheit und zugleich großem Mut. Denn das Regime ist jederzeit bereit, selbst gegen die kleinsten Formen von Opposition mit mörderischer Brutalität vorzugehen.

Knüppel, Kugeln, Bomben und Giftgas – der Clan der Assads und dessen Parteigänger haben in den vergangenen Jahren gezeigt, wie weit sie gehen, um an ihrer Macht festzuhalten. Doch bei den jüngsten Protesten halten sich die Schergen des Herrschers weitgehend zurück.

Das hat einen einfachen Grund: Der Despot fürchtet den Aufruhr nicht, sieht seine Macht nicht in Gefahr. Vermutlich zu Recht. Die Situation ist eine andere als vor zwölf Jahren.

Syrien gleicht einem Armenhaus

Damals befand sich eine ganze Region während des Arabischen Frühlings in Aufruhr. Die Menschen waren die Unterdrückung leid, verlangten nach Freiheit und Mitsprache. Heute beklagen die Syrerinnen und Syrerinnen in erster Linie ihre wirtschaftliche Not. Die meisten Familien wissen schon lange nicht mehr, wie sie über die Runden kommen sollen.

Syriens Präsident Assad kümmert das Wohl seines Volkes herzlich wenig.
Syriens Präsident Assad kümmert das Wohl seines Volkes herzlich wenig.

© REUTERS/Syrian Presidency

Krieg, Korruption, Misswirtschaft und die harten Sanktionen des Westens haben das Land in ein Armenhaus verwandelt. Das treibt verzweifelte Kinder, Frauen und Männer auf die Straße. Auch die Wiederaufnahme der Beziehungen mit einigen arabischen Nachbarländern macht sich bisher nicht bemerkbar. Von Investitionen und Jobs keine Spur.

Nur: Assad kümmert das Wohlergehen des Volks herzlich wenig. Seine Soldateska hat mit tatkräftiger russischer und iranischer Hilfe eine Friedhofsruhe erzwungen. Auch jene Menschen, die jetzt ihrem Unmut Luft machen, sind erschöpft vom mühsamen, entbehrungsreichen Alltag und des Krieges müde.

Dennoch bedeutet die Unzufriedenheit der Beherrschten für den Herrscher ein Risiko. Derartiger Aufruhr kann sich schnell zu einem Aufstand ausweiten. Im März 2011 hat Assad die damaligen Proteste unterschätzt. Sie haben ihn fast vom Thron gefegt. Das wird er zu verhindern wissen. Gegebenenfalls mit der ihm eigenen Gewalt.

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