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Der ukrainische Präsident Selenskyj hat mehrere Funktionsträger in seinem Staatsapparat entlassen.

© REUTERS/UKRAINIAN PRESIDENTIAL PRESS SERVICE

Update

Mehrere Vize-Minister und Gouverneure entlassen: Personalbeben nach Korruptionsskandal in der Ukraine

Überteuerte Lebensmittel für Soldaten im Hinterland, Dienstfahrt-Affäre, Schmiergelder: Gleich mehrere hochrangige Kiewer Funktionäre räumen Fehlverhalten ein. Der Staatsapparat ist im Umbau.

| Update:

Wegen des Skandals um den Kauf überteuerter Lebensmittel für Soldaten muss nach offiziellen Angaben ein weiterer ranghoher Beamter des ukrainischen Verteidigungsministeriums gehen. „Entlassen wurde der Direktor der Einkaufsabteilung im Verteidigungsministerium (Bohdan) Chmelnyzkyj“, teilte die Chefin des Ausschusses für Korruptionsbekämpfung im ukrainischen Parlament, Anastassija Radina, in der Nacht zum Mittwoch per Facebook mit.

Zuvor war schon Vizeverteidigungsminister Wjatscheslaw Schapowalow wegen der Affäre zurückgetreten. Am Wochenende hatten Medienberichte in der Ukraine für Aufsehen gesorgt, wonach das Verteidigungsministerium Lebensmittel für die Verpflegung seiner Soldaten zu Preisen ankaufe, die bis zu dreimal höher seien als die Einzelhandelspreise im Geschäft.

Bei dem Vertrag über 13 Milliarden Hrywnja (gut 300 Millionen Euro) soll es sich nicht um die Verpflegung der Soldaten an der Front, sondern im Hinterland handeln.

Minister Olexij Resnikow, der am Montag die Medienberichte noch zurückgewiesen hatte, hat laut Radina vor dem Parlament keine juristischen Ansprüche gegen die Zeitung geltend gemacht, sondern von „Fehlern“ in einigen Verträgen berichtet, die nun überprüft und korrigiert würden.

In den Verträgen seien unterschiedliche Preise ausgehandelt worden, doch in einigen Fällen wichen sie auf „unschöne Weise“ von den Marktpreisen ab, teilte Radina mit. Allerdings handele es sich um Verträge, die noch nicht in Kraft getreten seien.

Selenskyj entließ zuletzt neun Regierungsmitglieder

Vor dem Hintergrund eines mutmaßlichen ukrainischen Korruptionsskandals mussten zuletzt bereits fünf Gouverneure und vier Vize-Minister ihre Posten räumen. Sie alle seien von der Regierung auf Anordnung von Präsident Wolodymyr Selenskyj entlassen worden, teilte Kabinettsminister Oleh Nemtschinow am Dienstag über Telegram mit.

Nach Angaben von Taras Melnytschuk, Vertreter der Regierung im Parlament, werden die Gouverneure der zentralen Region Dnipropetrowsk, der südlichen Regionen Saporischschja und Cherson, der nordukrainischen Region Sumy und der Hauptstadt Kiew abgesetzt. Zudem wurden der Vizeminister für Sozialpolitik sowie zwei stellvertretende Minister für kommunale und regionale Entwicklung entlassen. Die beiden Politiker Wjatscheslaw Negoda und Iwan Lukerja bestätigten den Schritt auf ihren Facebook-Seiten.

Zuvor war bekannt geworden, dass unter den entlassenen Funktionären der stellvertretende Verteidigungsminister Wjatscheslaw Schapowalow, der stellvertretende Leiter des ukrainischen Präsidialamts, Kyrylo Tymoschenko, und der stellvertretende Generalstaatsanwalt Oleksij Simonenko sind.

„Wjatscheslaw Schapowalow, der für die Versorgung der ukrainischen Streitkräfte im Hinterland verantwortlich war, hat darum gebeten, ihn zu entlassen“, teilte das Verteidigungsministerium am Dienstag in Kiew mit. Die gegen ihn laufende Kampagne würde ansonsten die stabile Versorgung der Streitkräfte gefährden, hieß es.

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Auch der Vizechef des ukrainischen Präsidentenbüros, Kyrylo Tymoschenko, beantragte bei Staatschef Wolodymyr Selenskyj nach Kritik an seiner Arbeit die Entlassung. Selenskyj entsprach dem Gesuch und entließ den Spitzenbeamten von seinem Posten, wie aus einem auf der Internetseite des Präsidenten veröffentlichten Dekret hervorgeht.

Tymoschenko dankte am Dienstag im Nachrichtenkanal Telegram Selenskyj für das Vertrauen und die Gelegenheit, für das Land in Kriegszeiten arbeiten zu dürfen.

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Zuvor hatte Tymoschenko für Aufsehen gesorgt, weil er mit einem US-Geländewagen unterwegs gewesen war, den der Autokonzern General Motors für die Rettung von Bürgern aus den Kampfzonen im Kriegsgebiet und für humanitäre Missionen zur Verfügung gestellt hatte. Der Beamte hatte seine Fahrten damit als dienstlich verteidigt.

In der Kritik stand Tymoschenko ukrainischen Medien zufolge auch, weil er in den Regionen seine Aufgaben als Beamter der Präsidialverwaltung überschritten und sich auch politisch betätigt haben soll.

Überteuerte Verpflegung für Soldaten im Hinterland

Präsident Selenskyj hatte in den vergangenen Tagen nach Skandalen um Korruption und Bereicherung im Staatsapparat ein entschlosseneres Vorgehen gegen Fehlverhalten angekündigt. Ein Vizeminister wurde entlassen, weil er Schmiergelder für den Ankauf von Stromgeneratoren kassiert haben soll.

Selenskyj erklärte, dass das Hauptaugenmerk zwar auf der Verteidigung des Landes im Krieg gegen Russland liege. Trotzdem sei ihm bewusst, dass in der Gesellschaft auch über diese Fälle gesprochen werde. Um der Gerechtigkeit willen müsse gehandelt werden.

Am Samstag waren Berichte veröffentlicht worden, in denen das Verteidigungsministerium beschuldigt wurde, bei der Beschaffung von Lebensmitteln einen Vertrag zu überhöhten Preisen abgeschlossen zu haben. Sie sollen zwei bis drei Mal höher gelegen haben als die üblichen Einkaufspreise.

Der betreffende Vertrag hat laut der Nachrichtenwebsite „zn.ua“ ein Volumen von umgerechnet 325 Millionen Euro. Der Kontrakt soll sich zudem nicht auf die Verpflegung der Soldaten an der Front, sondern im Hinterland beziehen.

Am Montag hatte Verteidigungsminister Olexij Resnikow die Vorwürfe zurückgewiesen. Ziel sei es offenbar, das „Vertrauen in das Verteidigungsministerium zu einem sehr wichtigen Zeitpunkt zu untergraben“, erklärte er. Die Verpflegung für die Soldaten sei gemäß „dem gesetzlich festgelegten Verfahren“ gekauft worden. Zugleich sicherte Resnikow aber eine transparente Prüfung zum Einkauf der Soldatenverpflegung zu.

Korruption ist in der Ukraine wie in vielen Ländern der früheren Sowjetunion in verbreitetes Problem, weshalb immer wieder befürchtet wird, dass auch Hilfsgelder des Westens in undurchsichtigen Kanälen versickern. Viele Bürger in der Ukraine verdächtigen Teile der Führung, sich im Zuge der hohen Finanzhilfen des Westens zu bereichern. (dpa, AFP)

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