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Sachsen, Leipzig: Vitali Klitschko, Oberbürgermeister der Stadt Kiew, spricht am 15.11.2023 im Stadtrat.

© dpa/Hendrik Schmidt

„Selenskyj zahlt für seine Fehler“: Klitschko teilt heftig gegen den ukrainischen Präsidenten aus

Der Bürgermeister von Kiew wirft Selenskyj vor, öffentlich nicht die Wahrheit darüber zu sagen, wie der Krieg verläuft. Alles deutet auf ein zerrüttetes Verhältnis beider Politiker hin.

Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko hat dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ungewöhnlich deutlich „Fehler“ vorgeworfen. „Die Leute fragen sich, wieso wir auf diesen Krieg nicht besser vorbereitet waren. Wieso Selenskyj bis zum Schluss verneinte, dass es dazu kommen werde“, sagte Klitschko dem schweizerischen Nachrichtenportal „20 Minuten“.

„Es gab zu viele Informationen, die sich mit der Realität nicht deckten“, sagt der Ex-Boxweltmeister, der um mehr Ehrlichkeit warb, mit Blick auf die wahre Lage der Ukraine in ihrem Kampf gegen Russlands Angriffskrieg. „Selenskyj zahlt für die Fehler, die er gemacht hat“, so Klitschko.

Man könne Volk und Partner nicht ewig anlügen

Selbstverständlich können wir euphorisch unser Volk und unsere Partner anlügen. Aber das kann man nicht ewig machen“, sagte Klitschko weiter in dem Interview, das am Sonntag mehrere ukrainische und russische Medien aufgriffen. Der 52-Jährige stellte sich auch demonstrativ auf die Seite des ukrainischen Oberkommandierenden der Streitkräfte, Walerij Saluschnyj, der zur Verärgerung Selenskyjs unlängst von einer Pattsituation in dem Krieg gesprochen hatte.

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Die Ukraine sei in einer Sackgasse, hatte Saluschnyj erklärt. „Er hat die Wahrheit gesagt“, sagte Klitschko. „Manchmal wollen die Menschen die Wahrheit nicht hören. Aber letztlich ist er verantwortlich. Er hat erklärt und begründet, wie die Lage heute ist.“

Zugleich warnte Klitschko angesichts des seit fast zwei Jahren andauernden Krieges vor politischen Spielen in dem um seine Unabhängigkeit kämpfenden Land. Es dürfe keine Grabenkämpfe geben „in einem Land, das in seiner Existenz wackelt“.

Deshalb spricht er nach eigenen Angaben weiter nicht über seine eigenen politischen Pläne und sicherte Selenskyj zugleich Unterstützung zu – bis zum Kriegsende. „Der Präsident hat heute eine wichtige Funktion, und wir müssen ihn bis zum Kriegsende unterstützen. Aber am Ende dieses Krieges wird jeder Politiker für seine Erfolge oder Misserfolge zahlen.

Das schwierige Verhältnis zwischen Klitschko und Selenskyj

Auch in einem aktuellen „Spiegel“-Artikel über den Krieg in der Ukraine wird das Verhältnis von Klitschko und Selenskyj als zerrüttet dargestellt. Seit der russischen Invasion habe es kein Treffen oder Telefongespräch zwischen den beiden Politikern gegeben, sagte Klitschko dem Magazin – und das, obwohl nur wenige hundert Meter zwischen Kiewer Rathaus und Präsidialbüro liegen.

Klitschko sieht demnach die Gefahr, dass die Ukraine irgendwann autoritär regiert werde. Schon heute sei die lokale Selbstverwaltung der Städte die einzige unabhängige Institution. Doch der Präsident, so Klitschko, sehe in den Bürgermeistern ein Hindernis bei der Zentralisierung, das er überwinden wolle.

Klitschko glaubt, dass die Demokratie in der Ukraine gefährdet sei. Aber: „Aus der Ukraine einfach so einen autoritären Staat machen, ist fast unmöglich.“ Der Grund liege in der Freiheitsliebe der Bevölkerung.

In dem Interview mit „20 Minuten“ dankte Klitschko Deutschland auch für die Lieferung von Flugabwehrsystemen, kritisierte aber, dass das Land der Ukraine nicht auch die reichweitenstarken Marschflugkörper vom Typ Taurus gebe. Hier flüchte sich Berlin in „Ausreden“ - „da sind unsere Partner viel zu vorsichtig und weichen aus“, sagte der Bürgermeister. (dpa/Tsp)

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