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Eine Visualisierung des Atriums vom künftigen Grand Egyptian Museum in Kairo.

© Atelier Brückner

Kairos Großes Ägyptisches Museum: Eine neue Heimat für Tutanchamuns Totenmaske

In Kairo entsteht mit dem Grand Egyptian Museum eines der spektakulärsten Ausstellungshäuser der Welt. Das Stuttgarter Atelier Brückner gestaltet das Innere.

Am Anfang glaubte niemand daran, dass Shirin Brückner und ihr Stuttgarter Büro auch nur den Hauch einer Chance haben könnten beim Wettbewerb für das Grand Egyptian Museum. Schließlich wird das neue Museum neben den Pyramiden von Gizeh eines der spektakulärsten Ausstellungshäuser der Welt sein.

Nicht nur die schiere Größe von 90.000 Quadratmetern ist beträchtlich, auch die Exponate sind herausragend – die riesige Statue von Ramses II., die Mumie von Hatschepsut und natürlich die Totenmaske von Tutanchamun aus purem Gold.

Trotzdem ließ sich Shirin Brückner nicht abhalten, sondern gab die Devise aus „hinsetzen, Ärmel hochgekrempelt und alles geben“. Mit Erfolg. So hat das Stuttgarter Atelier Brückner im Grand Egyptian Museum (GEM) nicht nur die Hauptausstellung zum Grabschatz von Tutanchamun konzipiert, sondern auch das Kindermuseum und die Eingangshalle gestaltet. Wobei die Stuttgarter ihre Arbeit in Kairo längst abgeschlossen haben. Seit 2019 wartet Shirin Brückner, denn die Eröffnung des Museums wird immer wieder verschoben – ohne Begründung. Vielleicht, hofft sie, „wird es jetzt im Mai soweit sein.“

So endet dieser Auftrag genauso, wie er begann: als „Riesenaufregung“, wie die Chefin es nennt. Das Stuttgarter Atelier hat mit seinen 120 Festangestellten schon viele große Projekte gestemmt – ob es das BMW-Museum in München oder das Naturkundemuseum in Oslo war. Das Grand Egyptian Museum in Kairo ist aber nicht nur ein Ausstellungshaus. Bei dem Projekt war vieles anders, auch weil das Militär der Auftraggeber war. Ansprechpartner kamen häufig in Uniform zu Besprechungen, Generäle, „die gewohnt sind, Ansagen zu machen“.

Shirin Brückner, die 1967 im Irak geboren wurde, hat in Kaiserslautern und Stuttgart Architektur studiert, in verschiedenen Büros gearbeitet und 1997 schließlich das Atelier Brückner mitbegründet. Gestaltung sollte aus ihrer Sicht immer Geschichten erzählen. Auch die Objekte aus dem Grab von Tutanchamun werden deshalb nicht einfach in Vitrinen präsentiert, sondern als Erzählung inszeniert.

So gibt es zwei Pfade: Einer führt durch das Leben des legendären Pharaos, der von 1332 bis 1323 vor Christus regierte. Der zweite begleitet den Ägyptologen Howard Carter, der vor hundert Jahren sein Grab entdeckte. Da die Grabkammer ausnahmsweise nicht von Grabräubern gefleddert worden war, stieß man auf gigantische Funde: Särge, Tiere und Statuen aus Gold, mit Edelsteinen verzierte Amulette und Waffen, Musikinstrumente und Gefäße. Insgesamt 5000 Objekte.

90.000
Quadratmeter wird das neue Ägyptische Museum in Kairo groß sein.

Shirin Brückner ahnte zwar von Anfang an, dass das GEM „eine wahnsinnige Chance ist.“ Aber es gab auch allerhand Hürden und Misslichkeiten. Vor der wichtigsten Präsentation verpasste sie wegen einer Autopanne fast das Flugzeug. Die Ausdrucke der Entwürfe hingen tagelang in Frankfurt bei der Post fest – und Shirin Brückner musste über Nacht im Internet einen Copyshop in Kairo ausfindig machen, der schnell neue Vorlagen druckte. In Kairo hatten sie dann auch noch mit dem „schlechtesten Beamer der Welt“ zu kämpfen.

Vor allem hatten die Stuttgarter Gestalter nur sechs Monate Zeit für das Konzept, was gewöhnlich mehrere Jahre in Anspruch nimmt. Shirin Brückner führte online zahllose Bewerbungsgespräche und hatte nach vier Wochen ein neues, zwanzigköpfiges Team aus aller Welt beisammen.

Shirin Brückner bei einer Besprechung zum Grand Egyptian Museum in ihrem Stuttgarter Atelier.

© Reiner Pfisterer

Sie ist als Geschäftsführerin für Controlling und Management verantwortlich, diesmal flog sie auch selbst regelmäßig nach Kairo. Denn bei einem Projekt dieser Größenordnung treffen viele verschiedene Interessen aufeinander. Wenn Dutzende Akteure um einen Tisch saßen, musste man immer damit rechnen, von allen Seiten beschossen zu werden.

Auch in Stuttgart gab es mehrere Treffen, denn das GEM hat enorme Bedeutung für Ägypten. Das neue Museum schafft nicht nur neue Arbeitsplätze, sondern soll den Tourismus und damit die Wirtschaft des Landes stärken.

Dass von der ersten Idee im Jahr 1992 bis heute mehr als dreißig Jahre vergingen, lag an politischen Unruhen, Finanzierungsproblemen und Bauverzögerungen – und zuletzt an der Verschiebung der Eröffnung. Shirin Brückner nimmt es gelassen. Trotz mancher Hürde ist ihre Bilanz positiv.

Die große Eingangstreppe zum Grand Egyptian Museum in einer Visualisierung.

© Atelier Brückner

Während im alten Ägyptischen Museum in Kairo sogar Vögel durch die Ausstellungsräume flatterten, bietet das Grand Egyptian Museum bei den Pyramiden künftig neueste technische Standards. Pro Tag werden 15.000 Besucher erwartet. Sie erleben laut Brückner ein szenografisches Gesamtkunstwerk, in dem Inhalte in atmosphärische Raumbilder übersetzt und für die Besucher als Geschichte erzählt werden.

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